Mitglieder der ungarischen Zivilgesellschaft, darunter Repräsentanten der Hungarian Civil Liberties Union, Transparency International Hungary und K-Monitor, sowie der International Policy Manager von Sunlight, ein früherer Angestellter von K-Monitor, rufen den OGP-Lenkungsausschuss dazu auf, entsprechend der neuen Regelungen die Situation in Ungarn gründlich zu Untersuchen und dabei besonders auf die Verschlechterung der Bedingungen für die Zivilgesellschaft zu achten.
Verleumdungskampagne
Demokratie, Pluralismus, Menschenrechte und die Rolle unabhängiger Institutionen als Gegengewicht zur politischen Macht wurden in den letzten Jahren in Ungarn systematisch untergraben. Besonders besorgniserregend sind aus der Sicht der OGP die Maßnahmen der Regierung, die den Spielraum für eine unabhängige Arbeit von Nichtregierungsorganisationen einengen und sie daran hindern sollen Kritik zu äußern oder Finanzierung aus internationalen Quellen zu erhalten.
Seit dem Sommer 2013 betreiben Angehörige der Regierung Ungarns eine Schmutzkampagne gegen eine Reihe von unabhängigen NROs und viele der damit verbundenen Behauptungen waren gegen genau die Anti-Korruptions- und Menschenrechtsgruppen gerichtet, die sich am aktivsten in den OGP Prozess eingebracht haben.
Polizeirazzia
Mit der Zeit folgten den Verleumdungen der Regierung direktere Aktionen. Basierend auf einer Regierungsuntersuchung wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, dass sich gegen NROs richtet, die Mittel aus dem Norwegian Fund erhalten, neben vielen anderen auch HCLU, K-Monitor, Transparency International Hungary.
Mehrere Duzend Polizisten in voller Kampfmontur waren im September 2014 an einer Razzia gegen zwei der NROs beteiligt, die den genannten NGO-Fonds verwalten, offensichtlich um für spektakuläre Bilder zu sorgen und um die Betroffenen einzuschüchtern. Durch den Entzug ihrer Steueridentifikationsnummern wurden vier weitere für den Fonds arbeitende Organisationen 2014 faktisch ihrer Existenzgrundlage beraubt. Das ist ein deutliches Zeichen, dass die ungarische Regierung bereit ist, die Arbeit zivilgesellschaftlicher Gruppen, die sich kritisch mit ihrer Politik befassen, auf administrativem Wege zu behindern.
Ungarische NROs die an der Entwicklung des OGP Aktionsplans des Landes beteiligt waren, haben den Prozess heftig kritisiert und behauptet, es hätten keine wirklichen Beratungen oder ernsthaften Gespräche zwischen der Regierung und der Zivilgesellschaft stattgefunden. Eine Koalition zivilgesellschaftlicher Organisationen hat die Regierung unter Anderem dazu aufgerufen, die Gesetze, welche den Zugang zu Information und die Transparenz im Allgemeinen behindern zu überprüfen, aber bis jetzt gab es von Seiten Ungarns keine Reaktion auf diese Anfragen.
Internationale Besorgnis
Stattdessen zielt der neue Anti-Korruptions-Aktionsplan der Regierung darauf ab, die Vorsitzenden von NROs dazu zu zwingen, ihr Privatvermögen offenzulegen. Im Zuge ihrer jüngsten Anstrengungen, die Informationsfreiheit weiter zu beschränken, hat die Regierung außerdem ein Gesetz verabschiedet, welches Antragsteller dazu zwingt, die Kosten zu übernehmen, die durch sogenannte Datenabfragen im öffentlichen Interesse entstehen. Durch das Errichten neuer Barrieren wird der Zugang zu öffentlichen Daten weiter erschwert, ein weiteres Grundrecht gefährdet und die Zivilgesellschaft daran gehindert, ihrer Aufgabe als Prüfinstanz gerecht zu werden.
Zusätzlich zu den Beschwerden aus der ungarischen Zivilgesellschaft haben weltweit hunderte nationale und internationale zivilgesellschaftliche Gruppen öffentlich ihre Besorgnis darüber zum Ausdruck gebracht, dass in Ungarn NROs zur Zielscheibe staatlicher Repression werden und die Regierung dazu aufgefordert, damit aufzuhören. Ein hochrangiges Beispiel dafür war die Aussage des US Präsidenten Barack Obama, in der er Ungarn vorwarf, "mit endloser Regulierung und offener Einschüchterung zunehmend die Zivilgesellschaft anzugreifen."
Empfehlungen
Die Angriffe auf die Zivilgesellschaft und das Versagen der Regierung in Bezug auf den OGP Prozess haben jetzt einen Punkt erreicht, an dem die Fähigkeit des Landes, in einen sinnvollen OGP Prozess einzusteigen, in Frage steht. In Anbetracht dieser Tatsache haben Angehörige der ungarischen Zivilgesellschaft den OGP-Lenkungsbeirat aufgefordert, im Rahmen der OGP Reaktionsmechanismen aktiv zu werden und dabei zu helfen, den notwendigen Spielraum für Akteure der Zivilgesellschaft zu schaffen, damit diese ihrer demokratischen Rolle gerecht werden können.
Der Brief legt eine Reihe von Empfehlungen dar, unter anderem auch Schritte, mit denen Bedingungen wiederhergestellt werden sollen, unter denen Kritik aus der Zivilgesellschaft ernst genommen wird und ein sinnvoller Dialog zwischen staatlichen Organen und Nichtregierungsorganisationen möglich ist. Die Behinderung der Arbeit von NROs mit einer politischen Kontrollfunktion soll einstellt werden.
Die Tendenz der ungarischen Regierung, kritische Angehörige der Zivilgesellschaft immer mehr als Feinde zu betrachten, wurde sowohl in dem IRM Report on Hungary als auch durch Einschätzungen von unabhängigen einheimischen Organisationen dokumentiert.