Demokratie & Gerechtigkeit

EU erkennt Schwierigkeiten von NGOs an.

Die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) hat einen Bericht über die zunehmenden Restriktionen gegen Bürgerrechts- und Demokratieaktivisten in Europa veröffentlicht. Lesen Sie hier eine Zusammenfassung von Liberties Head of Advocacy.

by Israel Butler

Der Report der Fundamental Rights Agency wiederholt die Ergebnisse des im September veröffentlichten Liberties-Papiers, das vier Probleme auflistet, mit denen Bürgerrechtsorganisationen in der gesamten EU konfrontiert sind. Ungarn und Polen mögen diesbezüglich durchaus die schlimmsten Übeltäter sein, aber die genannten Probleme sind in ganz Europa anzutreffen.

Erstens, Verleumdungskampagnen und an den Haaren herbeigezogene staatliche Ermittlungen, die darauf abzielen, Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zu diskreditieren und einzuschüchtern.

Zweitens, Kürzungen öffentlicher Mittel und Versuche, Finanzielle Hilfe durch Philanthropen (die den Organisationen helfen unabhängig von ihren Regierungen zu bleiben) zu verhindern.

Drittens, übermäßige bürokratische Belastungen, die darauf abzielen, Aktivisten mit administrativen Aufgaben zu beschäftigen, um sie daran zu hindern, ihre Arbeit verrichten zu können.

Viertens, Regierungen, die NROs von der Rechts- und Politikgestaltung ausschließen, wo vorher Konsultationen und Kooperationen stattgefunden haben.

Nichtregierungsorganisationen werden missverstanden und nicht gewürdigt.

Der Bericht der Agentur stellt eine positive und wichtige Entwicklung dar, denn er verleiht den Beschränkungen, mit denen Aktivisten in ganz Europa konfrontiert sind, offizielle Anerkennung durch die EU. Leider gibt es keine Garantie dafür, dass daraus in Brüssel auch Taten folgen werden. Abgesehen davon, dass sie kurz auf das Problem aufmerksam wurde, als die ungarische Regierung ein Anti-NGO-Gesetz nach russischem Vorbild verabschiedete, begegnete die Europäische Kommission, genau wie auch das Europäische Parlament, den Appellen von Aktivisten zum Schutz von Bürgerrechtsgruppen weitgehend uninteressiert.

Insbesondere unter den Mitgliedern des Europäischen Parlaments (MdEPs) werden NGOs, die sich für den Schutz der bürgerlichen Freiheiten, der Rechtsstaatlichkeit, demokratischer Standards, des Umweltschutzes und der Korruptionsbekämpfung einsetzen, als Vertreter der politischen Linken missverstanden. Die Mitte-Rechts-EVP-Fraktion (der größte politische Block) hat kürzlich gleich zweimal nacheinander im Europäischen Parlament versucht, Entschließungen durchzusetzen, die die EU-Finanzierung solcher Organisationen blockieren könnten, indem sie sie als Bedrohung für den demokratischen Prozess darstellte. Die Versuche besorgter Europaabgeordneter, eine Debatte über das zunehmend feindselige Umfeld für NGOs in der EU auf die Tagesordnung des Parlaments zu setzen, wurden von den Mitte-Links- und den Mitte-Rechts-Fraktionen der Sozialdemokraten und der EVP wiederholt abgelehnt.

Tatsache ist, dass NGOs, die sich mit diesen Themen befassen, für das reibungslose Funktionieren der Demokratie unerlässlich sind. Erstens informieren sie die Bürger über das, was Politiker tun, und erklären komplizierte rechtliche und politische Fragen. Dies ermöglicht es der Öffentlichkeit, dem demokratischen Leben zu folgen und sich daran zu beteiligen. Zweitens arbeiten NGOs im öffentlichen Interesse, um Regierungen davon zu überzeugen, die bestehenden nationalen, europäischen und internationalen Rechtsnormen in den Bereichen Korruption, Umweltschutz, bürgerliche Freiheiten, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie einzuhalten. Diese Arbeit stellt sicher, dass der breite demokratische Wille des Volkes gegenüber kurzfristigen parteipolitischen oder kommerziellen Interessen gewahrt bleibt.

Wegen der Rolle, die NGOs beim Schutz dieser Werte spielen, wurden und werden sie von Politikern mit autoritären Tendenzen angegriffen. Maßnahmen zur Unterdrückung von NGOs sind oft Teil umfassenderer Bemühungen rechtsextremer Politiker, Kritiker zum Schweigen zu bringen, wozu auch die Übernahme von Gerichten und die Einschränkung der Medienfreiheit gehören.

Wir brauchen bessere Empfehlungen

Der Bericht der Agentur enthält eine Reihe von Empfehlungen. Bezeichnenderweise greift das Papier den von Liberties erstmals 2016 unterbreiteten Vorschlag auf, dass die EU einen neuen Fonds zur Unterstützung von NGOs einrichten sollte, die sich für die Förderung europäischer Werte wie Rechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit einsetzen. Gegenwärtig unterstützt die EU NGOs außerhalb der Union bei der Durchführung dieser Arbeit mit Hunderten von Millionen Euro. Die größte Einzelfinanzierungsquelle für NGOs, die sich für Rechte und Demokratie in der EU einsetzen, ist jedoch die norwegische Regierung. Das ist eine lebenswichtige Lebensader für Aktivisten, aber es ist peinlich, dass die Union es fast ausschließlich einem Verbündeten überlässt, die europäischen Werte zu verteidigen.

Der Bericht enthält leider keine weiteren Empfehlungen, die zur Verbesserung der Situation beitragen könnten, wie z. B. die beiden vor Kurzem von Liberties eingebrachten Vorschläge. Erstens, dass die EU ein neues Gesetz schaffen sollte, des es Organisationen und Gruppen, die von Regierungen schikaniert werden, ermöglicht, sich als EU-Vereinigung zu registrieren, um unangemessenen Beschränkungen durch nationales Recht zu entkommen. Dies Maßnahme liegt vollständig im Zuständigkeitsbereich der EU, denn sie wurde bereits in den 90er Jahren von der Kommission vorgeschlagen, auch wenn sie damals aufgrund mangelnden Interesses der Regierungen fallengelassen wurde. Eine zweite Empfehlung von Liberties lautet, dass die EU eine hochrangige Personalie benennen sollte, die für die Verfolgung von Angriffen auf NGOs und, wo diese auftreten, für die Öffnung diplomatischer Kanäle mit Regierungen zuständig ist. Die EU hat bereits ähnliche Gremien geschaffen, die sich mit den Themen Medienfreiheit und Antisemitismus und Islamfeindlichkeit befassen.

Wird der Bericht zu Maßnahmen führen?

Die Kommission deutet an, dass sie, obwohl die Probleme jetzt von einer EU-Institution klar beschrieben werden, Maßnahmen hinauszögern und weitergehende Studien fordern will. Das könnte sich als kostspieliger Fehler erweisen. Wie von diesem Autor an anderer Stelle diskutiert, kämpft die EU darum, den politischen Willen zu finden, Regierungen wie jene von Ungarn und Polen unter Druck zu setzen, rückschrittliche Gesetze, die die Unabhängigkeit der Gerichte und der Medien zerstören, gar nicht erst erlassen oder rückgängig zu machen. Einer der Gründe, warum diese Regierungen in der Lage waren, ihre Maßnahmen durchzusetzen, ist, dass sie es geschafft haben, weite Teile der Öffentlichkeit zu täuschen und zu glauben, dass es eine gute Idee ist, ihre Rechte aufzugeben. Wenn die EU will, dass die Europäer verstehen, wie wertvoll Rechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sind, und sich gegen rückschrittliche Regierungen wehren, dann muss sie ihre eigene Politik kopieren, die sie gegenüber Ländern außerhalb der EU anwendet. Insbesondere sollte sie NGOs, die die europäischen Werte fördern, unterstützt und finanziert.

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