Demokratie & Gerechtigkeit

Was ist Hassrede: Definition, Beispiele, Gesetze, Maßnahmen dagegen

Unser Recht, den Mächtigen die Wahrheit zu sagen, ist durch die Redefreiheit geschützt. Das Verbreiten von Gewalt und Intoleranz gilt aber als Hassrede und fällt nicht unter den Schutz der Redefreiheit. Dieser Artikel erklärt den feinen Unterschied.

by Robyn Elrick

Wissen ist Macht.

Kommunikation ist ein mächtiges Werkzeug. Bei verantwortungsvollem Umgang kann sie die Menschen in unserem Umfeld dazu ermutigen, gesellschaftliche Normen in Frage zu stellen und im Kampf für die Wahrheit nicht nachzulassen. Das Recht auf freie Meinungsäußerung schützt unser Recht, den Mächtigen die Wahrheit ins Gesicht zu sagen. Aber bedeutet das, dass wir alles sagen können, was wir wollen? Eine Sprache, die Gewalt und Intoleranz verbreitet, überschreitet die Grenze zur Hassrede und ist nicht durch das Recht auf freie Meinungsäußerung geschützt. Aber was genau ist Hassrede?

Was ist Hassrede?

Hassrede ist ein Widerspruch in sich, denn sie will andere zum Schweigen bringen. Einfach ausgedrückt ist Hassrede eine herabwürdigende Sprache, die sich gegen eine Person oder eine Gruppe richtet und sich auf individuelle Merkmale wie Rasse, Geschlecht, Sexualität oder Religion bezieht. Hassrede kann über jedes Medium wie Bilder, Gesten oder in jüngster Zeit auch über Memes verbreitet werden. Diese Art von Sprache kann Verunglimpfungen, Drohungen, Sündenbock-Denken und die Verbreitung von Verschwörungstheorien beinhalten.

Hassrede ist ein weltweit wachsendes Problem, was die UNO dazu veranlasst hat, spezielle Resolutionen zur Förderung des "interreligiösen und interkulturellen Dialogs und der Toleranz bei der Bekämpfung von Hassrede" zu verabschieden. Außerdem gibt es intensive Bemühungen der UN, Ressourcen zur Unterstützung der von Hassverbrechen Betroffenen zu entwickeln und Strafverfolgungsbeamte speziell für die Erfassung und Aufklärung von Vorfällen von Hassrede zu schulen. Organisationen wie die UN müssen sich engagieren, denn Hassrede ist mehr als nur eine Sprache, die bestimmte Menschen angreift, es geht auch darum grundlegenden Konzepte der Menschenrechte, wie Inklusion und Vielfalt, zu delegitimieren.

Beispiele für Hassrede

Stell dir vor, du scrollst durch deinen Instagram-Feed. Zwischen Bildern von den Katzen deiner Freunde und der vorsichtigen Vorstellung deiner Kollegin ihrer neuen Beziehung findest du vielleicht Leute, die ihre politischen Meinungen posten. Dann, zwischen unschuldigeren Beiträgen, findest du eine Karikatur einer LGBT+-Person, die mit einer Nachricht versehen ist, die sie als die Ursache für die Übel der Gesellschaft beschreibt.

Dies würde als Hassrede gelten, da es sich um Medien handelt, die eine Gruppe von Menschen aktiv herabwürdigen und diskriminieren. Manchmal kann Hassrede offensichtlich sein, wie z. B. das Sprühen von Hakenkreuzen an die Fassade einer Synagoge, und manchmal ist sie subtil, getarnt in sogenannten "Hundepfeifen" und versteckten Bedeutungen.

Was ist eine Hundepfeife? Wie eine Pfeife, die so hoch ist, dass nur Hunde sie hören können, ist Hassrede manchmal in Insider-Witzen und gruppeninternen Anspielungen versteckt, nach dem Motto "wenn du es weißt, weißt du es". Sie schleicht sich in schädlicher, typischerweise rassistischer Rhetorik ein, sodass nur diejenigen, die sie bereits unterstützen, sie hören, während andere sie nicht bemerken. Ein aktuelles Beispiel dafür ist die Bezeichnung der amerikanischen Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris als "DEI"-Kandidatin. DEI steht für "Diversity, Equity and Inclusion" (Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion) – eine Politik, die in den gesamten USA eingeführt wird, um die Zugänglichkeit und Inklusion am Arbeitsplatz zu fördern, indem gegen diskriminierende Praktiken vorgegangen wird. Solche Antidiskriminierungsmaßnahmen wurden von rechtsextremen Politikern im Rahmen einer inszenierten Kampagne angegriffen, um Unterstützung für eine sozial konservativere Politik zu gewinnen. Indem sie Kamala als "DEI" bezeichnen, behaupten diese Akteure in Wirklichkeit, dass sie für die Position nicht qualifiziert sei und daher eine "Diversity Hire" ist, die von der Demokratischen Partei aufgrund ihrer Rasse und nicht aufgrund ihrer Leistungen nominiert wurde. Der Subtext dieser Behauptung ist die grundlegend rassistische Überzeugung, dass schwarze Menschen weniger qualifiziert sind, das Land zu regieren. Während diese Maßstäben für weiße Kandidaten und Kandidatinnen nicht gelten.

In den letzten Jahren wurde islamfeindliche Hassrede in Europa auf schockierende Weise normalisiert. Während Islamophobie seit Jahren sowohl an Allgegenwart als auch an Schärfe zunimmt, hat der jüngste Krieg im Gazastreifen zu einem starken Anstieg von Hassrede gegen Muslime geführt, wobei Palästinenser und Muslime im Allgemeinen für gesellschaftliche Probleme zum Sündenbock gemacht werden. Diese anti-muslimische Stimmung führte im vergangenen Jahr zu einem harten Vorgehen gegen friedliche pro-palästinensische Demonstrationen und dazu, dass offen islamfeindliche Gesinnung gesellschaftlich akzeptabler wurde. Während die anti-muslimische und anti-arabische Stimmung eine tragende Säule rechter Politiker ist, übernehmen zunehmend auch etablierte Parteien ähnliche bigotte Tropen. In einem Instagram-Post zeigte die CDU Bilder von jungen arabischen Männern bei einer friedlichen Protestkundgebung und behauptete, dass der Ruf nach einem "freien Palästina" der Schlachtruf des Terrorismus sei. Diese schädliche Rhetorik hält das islamophob kodierte Stereotyp aufrecht, dass arabische Männer Terroristen seien. Besonders gefährlich ist es, wenn politische Vertreter Minderheitengruppen ins Visier nehmen, da sie dadurch Diskriminierung und Gewalt gegen diese Gruppen legitimieren. Es ist nicht überraschend, dass sich die Vorfälle gegen Muslime im vergangenen Jahr mehr als verdoppelt haben.

Was ist der Unterschied zwischen Hassrede und Aufstachelung zu Hass oder Gewalt? Warum ist beides falsch?

Hassreden und Aufstachelung zu Hass und Gewalt sind miteinander verbunden, aber nicht dasselbe. Der Unterschied liegt in der Absicht. Hassrede zielt "nur" darauf ab, hasserfüllte Rhetorik und Desinformation zu verbreiten, während die Absicht, zu Gewalt anzustiften, eine konkretere Bedrohung darstellt. So ist beispielsweise die Aussage "Ich hasse die Gruppe X und halte sie alle für Kriminelle/Degenerierte/Idioten etc." Hassrede, während "Ich finde, man sollte die Leute der Gruppe X erschießen" eine Anstiftung zur Gewalt darstellt.

Beides hat reale Auswirkungen und das eine kann zum anderen führen. Hassrede normalisiert diskriminierende Überzeugungen gegenüber Menschen in Minderheitengruppen. Durch diese Stigmatisierung können Menschen langsam radikalisiert werden, sodass sie immer extremere Ansichten gegen Menschen entwickeln, die diesen Gruppen angehören. Und diejenigen, die bereits solche Ansichten vertreten, können in ihrem Glauben bestärkt werden und sind eher bereit, Gewalttaten zu begehen.

So kann die Normalisierung von Hassreden gegen eine bestimmte soziale Gruppe dazu führen, dass Gewalt gegen diese Gruppe gesellschaftlich toleriert wird. Der Holocaust, der Völkermord in Ruanda und der Völkermord in Srebrenica begannen alle mit der Entmenschlichung der Opfer, der Verbreitung von hasserfüllter Rhetorik und Fehlinformationen, um die Bevölkerung aufzuhetzen, bis sie bereit war zu glauben, dass Gewalt gegen diese Menschen gerechtfertigt sei. Auf diese Weise wurden die Menschen gegenüber Angriffen, Massendeportationen, ethnischen Säuberungen und schließlich Massenmorden desensibilisiert. Und das geschieht auch heute noch. Die weit verbreitete Unterstützung der israelischen Bevölkerung für den aggressiven militärischen Ansatz ihrer Regierung gegenüber Gaza, obwohl es sich um den tödlichsten Konflikt des 21. Jahrhunderts handelt und laut UN-Generalsekretär António Guterres eine "beispiellose und noch nie dagewesene" Zahl an Todesopfern gefordert hat, wurde bewusst durch die Entmenschlichung der Palästinenser herbeigeführt. Die israelische Regierung und die Medien haben die Einstellung gegenüber Palästinensern langsam normalisiert und die Menschen dazu ermutigt, mehr Blutvergießen in der Region zu akzeptieren und sogar zu fordern.

Was man über Gesetze gegen Hassreden wissen muss

Wichtig ist, dass die Gesetze gegen Hassreden weltweit und sogar innerhalb der EU unterschiedlich sind. Zwar gibt es seit 2008 einen EU-weiten Rahmenbeschluss zu Hassreden, doch fordern Europaabgeordnete eine Verschärfung dieser Gesetze. EU-weite Gesetze schützen Opfer aufgrund von "Rasse, Hautfarbe, Religion, Abstammung oder nationaler oder ethnischer Herkunft", konkrete Fälle werden jedoch von den Mitgliedstaaten behandelt. Wenn Diskriminierung aus anderen Gründen stattfindet, sind die Gesetze der einzelnen Mitgliedstaaten für die Festlegung der rechtlichen Konsequenzen zuständig.

Das europäische Recht ist eine Mischung aus geschriebenen Gesetzen und der bisherigen Rechtsprechung, was bedeutet, dass sich die spezifischen Gesetze zu Hassreden ständig weiterentwickeln. Die sozialen Medien haben Sand ins Getriebe gestreut. Seit sie zu unserem wichtigsten Kommunikationsmittel geworden sind, muss der Europäische Gerichtshof aufholen, hinkt aber statt dessen immer ein paar Schritte hinterher. Die EU arbeitet an der Umsetzung einer Liste von Empfehlungen für Maßnahmen gegen Hassrede, aber es ist noch ein weiter Weg.


Maßnahmen gegen Hassrede: Wie lässt sie sich bekämpfen?

Bei der Bekämpfung von Hassrede kommt es auf jeden Einzelnen von uns an. Wir können Beiträge mit hasserfüllten Inhalten an Moderatoren melden, die den Beitrag dann im Namen der Social-Media-Website entfernen. Auch Gegenrede ist eine nützliche Methode, um hasserfüllte Inhalte zu übertönen, indem man die Algorithmen der sozialen Medien nutzt. Und auch die Anbieter von Social Media sollten sicherstellen, dass Hassrede auf ihren Plattformen nicht toleriert wird.

Bei Liberties setzen wir uns für eine Gesetzgebung ein, die Hassrede bekämpft. Wir haben direkt an der Gestaltung des DSA mitgewirkt, der (unter anderem) den Nutzern von Social-Media-Plattformen die Möglichkeit gibt, Moderationsentscheidungen anzufechten, und denjenigen, die Opfer von Hassreden und Cybermobbing sind, stärkeren Schutz bietet.

Offline ist Prävention eine der besten Möglichkeiten, Hassrede zu bekämpfen. Wir brauchen Bildungsprogramme, um negative Stereotypen und Fehlinformationen besser zu bekämpfen, und zwar schon in jungen Jahren.

Das wirksamste Mittel ist vielleicht auch das einfachste. Wir alle haben eine Stimme, und wir können sie nutzen, um Solidarität mit den Betroffenen zu zeigen, Menschen, die rassistische Witze machen, in Frage zu stellen und zu kritisieren, Flugblätter für Toleranz zu verteilen und an Demonstrationen gegen Diskriminierung teilzunehmen.

Hassrede kann übertönt werden, solange wir nicht schweigen.

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Bildnachweis: vecteezy.com

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