Das ungarische Justizministerium hat nach einem Jahr Arbeit an der Anpassung strittiger Passagen, seine Neufassung des Kirchengesetzes veröffentlicht.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte urteilte letztes Jahr, dass das Kirchengesetz unrechtmäßig sei und dass der ungarische Staat mehrere Milliarden Forint an Kompensationen an die Kläger zahlen muss.
Die Änderungen am Kirchengesetz werfen folgende Probleme auf:
- Auch das neue Gesetz ist nicht in der Lage, gleiche Rechte für alle hinsichtlich der Gewissens- und der Religionsfreiheit, der Neutralität des Staates und der Trennung von Staat und Kirche zu garantieren. Die Änderungen würden dazu führen, dass es drei Kategorien von Kirchen gibt, die durch ihre unterschiedlichen Möglichkeiten definiert werden. Gleichzeitig bliebe die Frage, mit welchen Kirchen der Staat bei der Bewältigung öffentlicher Aufgaben zusammenarbeitet und welche Kirchen in welcher Höhe aus der öffentlichen Hand subventioniert werden, immer noch eine politische Entscheidung der Regierung.
- Die Schäden, welche die Kirchen durch den Entzug ihres legalen Status erfahren haben werden nicht entschädigt. Während die derzeit anerkannten Kirchen automatisch am höchsten bewertet werden würden und die meiste Privilegien erhielten, könnten die derzeit ihrer Rechte beraubten Kirchen höchstens einen Status erreichen, der vom Grad ihrer Akzeptanz in der Bevölkerung und davon inwieweit sie 'Eingebettet sind' abhängt.
- Das Gesetz wäre noch weniger kompatibel mit der ungarischen Rechtstradition. Durch die Missachtung des 1990 etablierten Systems, welches die Gleichheit der Gewissensfreiheit und die strikte Trennung von Kirche und Staat sowie die Neutralität des Staates respektiert, würde das neue Kirchengesetz Kirchenregeln wiedereinführen, die aus dem neunzehnten Jahrhundert stammen und auch unter Kommunistischer Herrschaft in Kraft blieben.
- Ungarische und europäische Menschenrechtsanforderungen würden weiterhin missachtet und der ungarische Staat würde weiterhin seiner Verantwortung nicht gerecht. Auch wenn die ungarische Regierung in Folge des letztes Jahr vom EGMR gefällten Urteils offiziell dazu aufgerufen wurde, das Kirchengesetz anzupassen, ist der gegenwärtige Entwurf nicht geeignet, weitere rechtliche Schritte gegen Ungarn abzuwenden.
Deshalb fordert die Hungarian Civil Liberties Union von der Regierung, den vorliegenden Gesetzentwurf nicht anzunehmen und ihn dem Parlament nicht vorzulegen, sondern die Freiheit von Gewissen und Religion genauso zu respektieren, wie die Trennung von Kirche und Staat und die Neutralität des Staates.
Der Gesetzentwurf welcher schließlich dem Parlament vorgelegt wird, sollte die durch die Entscheidungen des Verfassungsgerichts und des EGMR definierten Grundrechte bedingungslos unterstützen.
HCLU ist nicht allein mit seiner Sichtweise, das zeigt eine sehr ähnliche Einschätzung des Forum for Religious Freedom Europe (FOREF).