"Bulgarien hat gewisse Fortschritte bei dem Schutz der Menschenrechte gemacht, aber diese bleiben langsam und fragil, das betrifft vor allem Menschen, die in Pflegeheimen untergebracht sind, sowie die Menschenrechte von Migranten und die Pressefreit." sagt Nils Muižnieks, der Kommissar für Menschenrechte des Europarats, bei der Veröffentlichung eines Berichts über seinen Besuch in Bulgarien vom 9. bis zum 11. Februar 2015.
Das Bulgarian Helsinki Committee (BHC) begrüßt die Publikation des Berichts und die darin ausgesprochenen Empfehlungen an den Bulgarischen Staat. Die Organisation erinnert daran, dass sie schon seit längerem vor Entwicklungen warnt, welche die Verletzung der Menschenrechte fördern.
Überholte Gesetze
Muižnieks empfiehlt, die Deinstitutionalisierung von Jugendlichen aus Kinderheimen voranzutreiben und Betreuungseinrichtungen durch Familien und Gemeinschaftsbasierte Lösungen zu ersetzen. Er empfiehlt auch, das Jugendstrafsystem zu überarbeiten und Strafvollzugsinternate, in denen Kinder mit sogenanntem "anti-sozialem Verhalten" untergebracht werden, abzuschaffen.
"Kinder werden in solchen, aufgrund veralteter Gesetze geschaffenen, Einrichtungen untergebracht, ohne dass ihre Bedürfnisse ausreichend berücksichtigt werden. Physische und psychische Gewalt sind dort an der Tagesordnung. Sind sie erst einmal dort, sind sie schutzlos und von qualitativer Erziehung und Schulbildung ausgeschlossen, wodurch sich ihre Chancen auf eine erfolgreiche Reintegration in die Gesellschaft weiter verschlechtern".
Im Dezember 2014 wies BHC erneut darauf hin, dass in Bulgarien Kinder willkürlich, entgegen geltendem Recht und auf lange Zeit ihrer Freiheit beraubt werden. Der Bericht fasst die zweijährlichen Untersuchungen des BHC in Bulgariens geschlossenen Erziehungseinrichtungen für Kinder zusammen und ist hier erhältlich.
Erwachsene mit psychischen Behinderungen
"Eines der Haupthindernisse ist das derzeit geltende Mündigkeitsrecht, welches häufig dazu führt, dass Menschen in Betreuungseinrichtungen unter volle oder teilweise Vormundschaft gestellt werden. Ich ermutige die bulgarischen Behörden, ihre Anstrengungen auszuweiten, um dieses System in Richtung einer 'betreuten Entscheidungsfähigkeit' zu reformieren." sagte der Kommissar.
Was gewährt der Staat elf Jahre nach der Reform geistig behinderten Erwachsenen? Unterstützung, Pflege oder Isolation? Lesen sie die Ergebnisse der Untersuchung, die das BHC an insgesamt 60 Heimen, betreuten Wohneinheiten, Pflegezentren und anderen Einrichtungen für die Unterbringung und Pflege von geistig behinderten Erwachsenen durchgeführt hat.
Widerrechtliche Inhaftierung von Asylsuchenden
Der Kommissar empfiehlt, die häufige ungesetzmäßige Inhaftierung von Asylsuchenden und die inadäquaten materiellen Bedingungen in den geschlossenen Flüchtlingszentren zu lindern und sämtliche Fälle von Misshandlung in diesen Lagern zu untersuchen. Inhaftierung von Einwanderern kann nur ein allerletztes Mittel sein und darf nur so kurz wie möglich und auf der Basis einer individuellen Prüfung des Einzelfalls angewandt werden. Kinder sollten niemals einer solchen Inhaftierung unterliegen, egal ob mit oder ohne ihre Eltern.
Außerdem ruft der Kommissar die bulgarischen Behörden dazu auf, sicherzustellen, dass Migranten, die an den Landesgrenzen ankommen nicht kollektiver Ausweisung und zum Opfer fallen und, dass solche Anschuldigungen effektiv untersucht werden.
Darüber hinaus sollte mehr getan werden, um die Integration anerkannter Flüchtlinge und anderer unter internationalem Schutz stehender Personen in Bulgarien zu erleichtern.
Ein Bericht des BHC (Annual Monitoring Report on Refugee Status Determination Procedures) identifiziert die Achtung der Menschenrechte unbegleiteter Kinder, die Möglichkeit der Registrierung und der Zugang zu Rechtsbeihilfe als Schlüsselprobleme von Asylsuchenden im Jahr 2014.
Der vollständige Bericht des Kommissars für Menschenrechte des Europarats, Nils Muižnieks, steht hier zur Verfügung. Eine Kurzfassung gibt es hier.