EU-Beobachtung

Rechtsstaatlichkeit in Ungarn: Europaabgeordnete fordern Konsequenzen

Führende Abgeordnete des Europäischen Parlaments fordern die Mitgliedstaaten auf, im Rat gegen die Erosion der Demokratie, der Grundrechte und der Unabhängigkeit der Justiz in Ungarn vorzugehen.

by György Folk

Am Mittwoch, den 30. Januar, führte das Europäische Parlament in seinem Mini-Plenum eine einstündige Debatte über die neuesten Entwicklungen der Rechtsstaatlichkeit in Ungarn. Einflussreiche Parlamentarier forderten den rumänischen EU-Vorsitz auf, Ungarn wieder auf die Tagesordnung des Rates zu setzen. Nachdem bereits im vergangenen September eine Resolution mit der Forderung nach rechtsstaatlichen Sanktionen gegen das Land verabschiedet wurde, erhöhen sie damit den Druck noch weiter. Nach dem so genannten Artikel 7-Verfahren, können die EU-Mitgliedstaaten entscheiden, ob ein Land gegen EU-Werte und Grundrechte verstößt und bestraft werden sollte.

Der österreichische Abgeordnete Josef Weidenholzerof von der S&D-Fraktion sagte: "Ungarn wird zur Fassade einer Demokratie".

Noch aufschlussreicher ist, dass die deutsche Abgeordnete Ingeborg Grassle, die als CDU Mitglied selbst der EVP und damit der gleichen Fraktion wie die ungarische Fidesz angehört und für die Überwaschung der Verwendung von EU-Mitteln zuständig ist, den Abgeordneten sagte, Ungarn habe "ein Problem mit Betrug, Korruption, öffentlichen Ausschreibungen und der Tatsache, dass die Justiz Verbrechen nicht verfolgen will, vielleicht weil es dort Menschen gibt, die die Kriminellen schützen".

Der Rat hat "alle Elemente für eine eigene Bewertung".

Nachdem er sich eingehend über die jüngsten Entwicklungen in Bezug auf die Demokratie, die Unabhängigkeit der Justiz und die Rechtsstaatlichkeit in Ungarn informiert hatte, sagte der erste Vizepräsident der Europäischen Kommission Frans Timmermans,: "Ich glaube, der Rat hat nun alle Elemente, um mit seiner eigenen Bewertung zu beginnen".

Timmermans warnte das Parlament, dass sich die Situation in Ungarn seit der Annahme des Sargentini-Berichts verschlechtert habe. Er fügte hinzu, die Kommission befände sich derzeit in einem Dialog mit der Regierung Orbán über das so genannte Stop-Soros-Gesetz, welches Aktivitäten von Organisationen, die Asyl- und Aufenthaltsanträge unterstützen, kriminalisiert. Die Regierung hat jetzt 60 Tage Zeit, um zu antworten, bevor das Vertragsverletzungsverfahren vor den Europäischen Gerichtshof gebracht werden könnte.

Darüber hinaus listete Timmermans ein breites Spektrum von Themen auf, bei denen ein laufendes Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn anhängig ist. So analysiert die Kommission beispielsweise das so genannte 'Sklavengesetz', das es Unternehmen erlaubt, mehr Überstunden zu verlangen, aber die daraus resultierende Bezahlung der Arbeitnehmer um bis zu drei Jahre zu verschieben. Das Gesetz löste Ende letzten Jahres Massenproteste aus. Auch die Novellierung des Hochschulgesetzes steht auf dem Prüfstand, wie Timmermans im Plenum sagte:

"Das eine Universität aufgrund staatlicher Maßnahmen und systematischen Drucks zum Verlassen des Landes gezwungen wird, ist beispiellos in der Geschichte der EU und es ist traurig und beunruhigend, dass so etwas in der EU möglich ist."

Gemeinsam mit mehreren Abgeordneten sprach der Erste Vizepräsident der Kommission auch die Fusion von über 400 ungarischen Medien zu einem einzigen, von einem mit regierungsnahen Personen besetzten Gremium geleiteten, Medienkonglomerat an. Mehrere EU-Vertreter äußerten sich besorgt darüber, dass der nationalen Wettbewerbs- und Medienbehörde die Untersuchung der Fusion untersagt war.

Schließlich haben Timmermans und andere Abgeordnete die Frage der Schaffung eines neuen Verwaltungsgerichtssystems ab 2020 angesprochen, sie äußerten die Befürchtung, dass es die Regierung in die Lage versetzen wird, Fälle auszuwählen und die Unabhängigkeit der Justiz im Land weiter zu beeinträchtigen.

Ungarn hielt sich in der Debatte zurück.

Anders als in der Vergangenheit, als Premierminister Viktor Orbán seine Entscheidungen im EP selbst verteidigen wollte, wurde diesmal der Fidesz-Europaabgeordnete Tamas Deutsch als Regierungsvertreter vorgeschickt. Deutsch sagte, sein Land stehe wieder auf der Agenda, um den Bedürfnissen der "linksliberalen Mehrheit" im Europawahlkampf zu dienen, und beschuldigte seine Kollegen, "Länder, die Migration ablehnen, bedrohen, erpressen und bestrafen zu wollen".

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