Amnesty International, Human Rights Watch, Open Society European Policy Institute, FIDH und Reporters without Borders, sowie mehr als 20 Nichtregierungsorganisationen aus Polen, einschließlich der Helsinki-Stiftung für Menschenrechte, haben einen offenen Brief an die Europäische Kommission unterzeichnet in dem sie diese auffordern, die dritte Stufe des rechtsstaatlichkeits-Verfahrens einzuleiten, was die Auslösung der Maßnahmen nach Artikel 7 des Vertrags der Europäischen Union bedeuten würde.
Nach Artikel 7 kann der Rat der Europäischen Union, der beispielsweise auf Vorschlag der Europäischen Kommission tätig wird, mit einer Vier-Fünftel-Mehrheit der Mitgliedsstaaten feststellen, dass ein eindeutiges Risiko einer schwerwiegenden Verletzung der Grundwerte der EU, einschließlich der Rechtsstaatlichkeit, durch ein Mitglied besteht.
Artikel 7 sieht ferner vor, dass der Europäische Rat auf Vorschlag der Europäischen Kommission einstimmig die Existenz eines "ernsthaften und anhaltenden" Verstoßes durch einen Mitgliedstaat gegen die Grundwerte der EU feststellen kann. Erst nachdem dieser Schritt abgeschlossen ist, können die Mitgliedstaaten mit qualifizierter Mehrheit beschließen, die Rechte eines bestimmten Staates aus den Verträgen über die Funktionsweise der EU auszusetzen.
Systemische Bedrohung der Rechtsstaatlichkeit
Im Dezember 2016 verabschiedete die Europäische Kommission eine zweite, ergänzende Empfehlung zur Rechtsstaatlichkeit in Polen. Nach Angaben der Europäischen Kommission besteht dort nach wie vor eine systemische Bedrohung der Rechtsstaatlichkeit, die dringend angegangen werden sollte (Hier können Sie mehr über diesen Fall erfahren).
Vor Ende Februar sollte Polen die Europäische Kommission über die Maßnahmen unterrichten, die ergriffen wurden, um den Empfehlungen der Kommission nachzukommen. Bisher ist dahingehend nichts weiter passiert.
Die Empfehlungen forderten die Nominierung der drei gesetzlich ernannten Richter des Verfassungsgerichts, die im Oktober 2015 gewählt wurden und ferner, dass kein neuer Präsident des Tribunals ernannt wird, bis das Verfassungsgericht die im Dezember 2016 verabschiedeten neuen Gesetze über seine Organisation evaluiert hat.
Zur Zivilgesellschaft stehen
Die Unterzeichner des offenen Briefes glauben, dass "eine Empfehlung der Kommission, Artikel 7 EUV zu aktivieren, in diesem Stadium die einzige Möglichkeit ist, Druck auf Polen auszuüben, seine Verpflichtungen aus den Verträgen zu beachten." Die NGOs betonen auch, dass es "ein starkes Signal an andere Mitgliedstaaten senden würde", dass niemand die Gründungswerte der Europäischen Union ohne eine starke Reaktion der EU untergraben kann.
Die Unterzeichnungsorganisationen weisen ferner darauf hin, dass mit dem Verfahren nach Artikel 7 "ein starkes Zeichen an die Zivilgesellschaft in Polen gegeben würde, dass die Kommission zu ihrem Kampf für eine Gesellschaft steht, in der Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und andere gemäß Artikel 2 EUV geschützte Wete geachtet werden".Der offene Brief an die Europäische Kommission kann hier gelesen werden.