Die niederländische Staatsanwaltschaft hat am 28. September eine strafrechtliche Untersuchung eingeleitet. Dies ist die erste derartige Untersuchung, seit in den Niederlanden im Jahr 2002 ein Gesetz zur Euthanasie eingeführt wurde.
Sorgfaltspflicht
Nach dem Euthanasie-Gesetz darf ein Arzt bei der Euthanasie oder dem assistierten Suizid helfen, auch bei schwer Demenzkranken. Er sollte jedoch stets die im Gesetz vorgeschriebene Sorgfaltspflicht einhalten. Das Gesetz schreibt vor, wie die Handlungen des Arztes gemeldet und überprüft werden sollen.
Euthanasie oder assistierter Suizid sind nur dann legal, wenn alle sechs Sorgfaltspflichten im Euthanasie-Gesetz erfüllt sind:
Der Arzt ist überzeugt, dass die Bitte des Patienten um Euthanasie freiwillig und gut überlegt ist.
- Der Patient leidet unerträglich und hat keine Aussichten auf Heilung.
- Der Arzt hat den Patienten über seine Situation und Aussichten informiert.
- Der Arzt und der Patient haben festgestellt, dass es keine vernünftige andere Lösung gibt.
- Der Arzt hat mindestens einen anderen unabhängigen Arzt konsultiert, der den Patienten gesehen hat.
- Dieser Arzt hat seine Meinung zu der Situation schriftlich auf der Grundlage der Pflegebedürfnisse abgegeben.
Der Arzt führt die Euthanasie oder den assistierten Suizid sorgfältig durch.
Ht der Arzt nachlässig gehandelt?
Die Regionalen Euthanasie-Überprüfungsausschüsse (RTEs) bewerten nachträglich alle Fälle von Euthanasie. Der RTE kam in diesem Fall zu Beginn dieses Jahres zu dem Schluss, dass der Arzt des Pflegeheims "im Fall einer Euthanasie bei einer schwer demenzkranken Frau nicht nach den Sorgfaltspflichten handelt".
Die Frau hatte ein paar Jahre vor ihrer Aufnahme eine Patientenverfügung verfasst, diese war aber unklar und widersprüchlich. Darüber hinaus überschritt der Arzt einige Grenzen, als er die Euthanasie durchführte, heißt es in dem Urteil des RTE. Der RTE hat daher den Fall zur strafrechtlichen Beurteilung an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Die Staatsanwaltschaft entscheidet, ob der Arzt strafrechtlich verfolgt wird.
Euthanasie-Praxis: gewissenhaft und transparent
Die niederländische Vereinigung für das freiwillige Ende des Lebens (NVVE) nennt die Untersuchung des Staatsanwalts "ein persönliches Drama für den Arzt, der auf eine freundliche und humane Art und Weise handelte und zweifellos sorgfältig um die Einhaltung der Vorschriften bemüht war. Es ist auch für die Angehörigen der Patientin traurig, dass sich dieser Fall so weiterentwickelt.“
Die NVVE ist der Meinung, dass wenn an Demenz leidende Menschen, bewusst eine Bitte um Euthanasie geäußert haben, diese auch berücksichtigt werden sollte. Natürlich müssen die derzeitigen Verfahren korrekt durchgeführt werden und es ist gut, dass sie auch überprüft werden. Nichtsdestotrotz hofft die NVVE, dass diese Untersuchung Ärzte nicht abschrecken wird.
Die Euthanasiepraxis in den Niederlanden hat sich als gewissenhaft und transparent erwiesen und das Fachwissen und die gegenseitige Unterstützung von Ärzten nehmen jedes Jahr zu. Seit der Existenz der Euthanasie-Gesetzgebung in den Niederlanden wurde bisher kein Arzt wegen dieser Angelegenheit angeklagt.