Technologie & Rechte

Logo kannst Du die Daten meiner persönlichen Fitness-App einsehen. Oder …

Es sind nicht nur die Dinge, die einem peinlich sind, die man nicht unbedingt mit allen teilen will.

by Orsolya Reich

Ich bin, ehrlich gesagt, in manchen Dingen ein ziemlicher Nerd. Ich protokolliere meine Finanzen, ich habe schöne Ordner für meine Diplome und die Korrespondenz mit der Krankenkasse angelegt, und wenn ich will, kann ich nachschauen, wieviel Sport ich in den letzten 7 Jahren getrieben habe und was an jedem beliebigen Tag mein Körpergewicht war. Wenn ich eine Diät mache, protokolliere ich auch meine Mahlzeiten. Ich mache kein großes Geheimnis aus meinem Privatleben. Ich teile jede Menge Informationen mit Freunden und Bekannten. Und ich schäme mich nicht für meine Finanzen (okay, wahrscheinlich hätte ich im Februar nicht fünfmal in diese kleine Boutique gehen sollen), nicht dafür was und wie ich esse (reden wir bitte nicht von dem großen Glas Nutella letze Woche), und auch nicht für mein Gewicht oder mein Trainingsprogramm. Heißt das, dass ich, wenn ich gefragt würde, kein Problem damit hätte, alle meine Aufzeichnungen öffentlich zu machen?

Nö.

Jetzt heißt es natürlich sofort, dass da was dabei sein muss, wofür ich mich schäme. Wenn nicht, dann hätte ich ja auch kein Problem damit, meine Protokolle zu veröffentlichen. Aber das ist Quatsch. Mensch muss sich nicht für etwas schämen, damit es sein kann, dass er oder sie es nicht teilen wollen.

Denk einfach an Dein Schlafzimmer. Das, was da zwischen zwei Erwachsenen einvernehmlich vor sich geht, ist sicher nichts, wofür man sich schämen müsste. Trotzdem können wir uns alle gut vorstellen, dass es unangenehme Folgen haben könnte, wenn die falschen Leute ein Amateurvideo, dass Mensch aus Spaß mit seiner Partnerin oder seinem Partner gedreht hat, in die Finger bekämen.

Wir teilen diese Welt leider auch mit ziemlich vielen Idioten. Und viele unserer Mitbürger sind zwar selbst keine richtigen Idioten, aber sie glauben und folgen Idioten, wenn diese laut genug blöken. Es ist klar, dass es keine Schande ist, Menschenrechtler zu unterstützen. Aber in einem Land, in dem die Menschen von den Autoritäten gesagt bekommen, dass Menschenrechtsverteidiger Verräter nationaler Interessen sind, würden viele Menschen zu Recht ausflippen, wenn die Regierung Zivilgesellschaftliche Organisationen dazu zwänge, die Namen ihrer Spender zu veröffentlichen. Sie würden befürchten, dass ihre sozialen Beziehungen oder ihre Karriere unter der Veröffentlichung ihres Namens im Zusammenhang mit einer bestimmten Spende leiden würde. Dies gilt insbesondere, wenn sie an Menschenrechtler spenden, die mit unbeliebten Gruppen wie Obdachlosen, Immigranten, Roma oder LGBTQI arbeiten. Und viele von ihnen würden, verständlicherweise, lieber nichts mehr spenden.

Wenn also einige Regierungen behaupten, dass Menschen, die nichts Schändliches tun, sich nicht davor fürchten müssten, dies auch öffentlich zu tun und dass sich niemand anders verhalten würde, wenn es keine Privatsphäre gäbe, dann ist das einfach gelogen. Wenn Regierungen Menschenrechtler zwingen, die Namen ihrer privaten Spender zu veröffentlichen, dann greifen sie tatsächlich das Recht an, ganz privat Mitgefühl zu zeigen. Ihr Ziel ist, dass die Menschen weniger spenden, damit Menschenrechtler weniger Geld haben, um sich für die Rechte der Menschen einzusetzen.

Ach übrigens, hier ist ein Link zum Protokoll meiner Lieblings- Fitness-App.

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