Was ist Hate Speech?
Hate Speech kommt aus dem Englischen und wird im Deutschen auch als Hassrede bezeichnet. Durch sie werden einzelne Personen oder ganze Gruppen abgewertet. Sie begründet sich auf der falschen Annahme, dass bestimmte Menschengruppen, zum Beispiel aufgrund ihres Alters, des Geschlechts oder der Herkunft weniger wert sind als andere. Hate Speech ist also häufig Ausdruck einer gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit. Durch die Verbreitung von verbaler Gewalt gegen bestimmte Personen oder Gruppen kann auch die Hemmschwelle für körperliche Angriffe in der realen Welt gesenkt werden. Eine international einheitliche Definition für Hate Speech gibt es aber nicht.
Der Begriff Hate Speech wird meistens mit der virtuellen Welt in Zusammenhang gebracht, auch wenn solche Aussagen genauso gut auf dem Schulhof, dem Arbeitsplatz oder auf der Straße verwendet werden. Das Internet macht die Sache jedoch einfacher. Denn dort kann eine größere Mengen von Menschen mit menschenfeindlichen Aussagen erreicht und diese schneller verbreitet werden. Außerdem können Hate-Speech-Autoren durch falsche Profile anonym bleiben und durch die Nutzung von mehreren Profilen gleichzeitig den Eindruck vermitteln, dass sie mit ihren Aussagen die gesellschaftliche Mehrheit bilden.
Ab wann zählt etwas als Hate Speech?
Genau zu erkennen, ob etwas Hate Speech ist, ist häufig schwierig und abhängig vom Kontext. Wird ein Begriff wie “schwarz” etwa nur genutzt, weil dahinter der Gedanke steht, dass schwarze Menschen weniger wert sind?
Die Amadeu-Antonio-Stiftung, die sich gegen Rassismus und Antisemitismus einsetzt, hat daher eineReihe von Elementen aufgelistet, an denen man Hate Speech erkennen kann:
- Gleichsetzung (z.B. Schwarze=Afrika)
- Verschwörungstheorien (z.B. die europäische Bevölkerung soll durch Geflüchtete ersetzt werden)
- De-Realisierung: Fakten werden ausgeblendet, es wird eine alternative Realität gebildet
- Gegenüberstellen von Ihr- und Wir-Gruppen
- Normalisierung von bestehenden Diskriminierungen
Oft sind es eben nicht nur Aussagen, die sehr offensichtlich diskriminierend, rassistisch oder hasserfüllt sind. Hate Speech kann auch scheinbar sehr logisch und rational wirken. Gerade das macht sie auch so gefährlich, da es leichter ist, einer krassen Aussage zu widersprechen als einer “logischen”.
Wer ist von Hate Speech betroffen?
Von Hate Speech sind meist Menschen betroffen, die sowieso schon von der Gesellschaft benachteiligt werden.
In einer Studie der Agentur für Grundrechte der Europäischen Union aus dem Jahr 2020 gaben gaben 38 % der Befragten LGBTI-Personen an, im Jahr der Umfrage auf Grund ihrer sexuellen Orientierung belästigt worden zu sein. Fast ein Fünftel dieser Fälle waren Belästigung online.
Neben LGBTI-Personen sind auch Personen mit Migrationshintergrund häufig Opfer von Hate Speech. In einer Studie einer Allianz von zivilgesellschaftlichen Organisationen (u.a. Campact! Und No Hate Speech Movement) aus dem Jahr 2019 gaben 40 % der Befragten an, bereits Hate Speech gegen diese Bevölkerungsgruppe online gesehen zu haben. 14 % der Befragten mit Migrationshintergrund gaben an, bereits selber Opfer von Hate Speech geworden zu sein.
Ebenso werden Personen, die für Betroffene von Hate Speech einstehen, immer wieder Ziel von Attacken im Netz.
Auch Frauen werden immer wieder Opfer von - meist sexistischer - Hate Speech online. Ihnen werden wegen ihrer Meinung zu gesellschaftlichen Themen oder einfach wegen ihres Aussehen hasserfüllte Nachrichten und Kommentare geschickt, häufig mit expliziten sexuellen Inhalten. Dabei schützt es auch nicht, in einer Machtposition zu sein. Diegroße Mehrheit der weiblichen Bundestagsabgeordneten in Deutschland zum Beispiel berichtet davon, bereits von Hass und Bedrohungen im Netz betroffen gewesen zu sein. Immer wieder wird ihnen dabei auch mit Vergewaltigung gedroht, typisch für Angriffe auf Frauen online.
Und auch wegen ihrer politischen Einstellung werden Personen, unabhängig von ihrem Geschlecht, Opfer von Hate Speech. Während des Bundestagswahlkampfes 2021 wurden in vielen Städten Plakate einer Neonazi-Partei aufgehängt, dieforderten Grüne zu hängen.
Für Betroffene von Hate Speech hat der virtuelle Hass häufig reale Folgen. Es sind eben nicht “nur Worte”. Sie zensieren sich in Diskussionen selber, um keine weiteren Hasskommentare zu erhalten. Genauso führen sie zu emotionalem Stress bei den Betroffenen bis hin zu Depressionen und Suizidgedanken.
Welche Formen von Hate Speech gibt es?
Im Netz kann Hate Speech ganz unterschiedliche Formen annehmen, sei es durch Beiträge, Kommentare oder Bilder. Sie kann sich direkt äußern, etwa durch rassistische Beleidigungen, kann aber auch subtiler daher kommen.
Dabei können bewusst falsche Aussagen (Desinformation) verbreitet werden, die Stereotype bedienen, etwa das Geflüchtete nur nach Deutschland kommen, um den Sozialstaat auszunutzen. Oder es werden Ängste geschürt, dass man “eine Minderheit im eigenen Land” wird. Mit solchen Aussagen grenzen Autoren von Hate Speech sich gegen “die anderen” ab und versuchen, das Ziel ihres Hasses entweder symbolisch, sozial oder physisch zu zerstören. Diskriminierung kann dabei auch durch Ironie oder Humor getarnt werden, etwa wenn Leute im Netz sagen, sie wäre auch gerne Flüchtlinge, weil ihnen der Staat dann alles bezahlen würde.
Neben Beleidigungen kann zum Beispiel auch die Leugnung der Shoa, des millionenfachen Mordes an Juden im Dritten Reich, Hate Speech sein.
Und nicht immer bleibt es bei Worten. Hasserfüllte Worte führen immer wieder zu Aufrufen zu Straftaten und diese zu Gewalt in der Realität. So haben in Hamburg zwei Jugendliche Teilnehmer einer Mahnwache gegen Antisemitismus erst beleidigt (“Scheiß Juden!”) und sie dann körperlich angegriffen.
Was kann jeder einzelne von uns gegen Hate Speech tun?
Es gibt unterschiedliche Dinge, die man gegen Hate Speech tun kann. Wenn man in sozialen Netzwerken Kommentare oder Posts sieht, die sich feindlich gegen Bevölkerungsgruppen äußern, kann man diese melden. Social Media Plattformen wie Facebook, Twitter und Instagram haben hier entsprechende Funktionen. Man kann außerdem Anzeige gegen Hate Speech Autoren erstatten, wenn die Beiträge Straftaten darstellen. Dafür muss man nicht selber Opfer dieser Äußerungen sein. Auch im eigenen Umfeld kann man sich gegen menschenverachtende Kommentare online und offline stark machen, in dem man sie nicht einfach stehen lässt, sondern kontert.
Man sollte solchen Hass aber nicht mit noch mehr Hass kontern, sondern mit Argumenten und neuen Perspektiven.
Besonders schwierig sind solche Diskussionen häufig auch deshalb, weil sich Autoren von Hate Speech auf die Meinungsfreiheit berufen und behaupten, solche Aussagen wären geschützt. Während Meinungsfreiheit ein hohes Gut unserer Demokratie ist, gilt sie nur so lange, wie andere Menschen nicht gefährdet oder verletzt werden.
Außerdem sollte man den Opfern von Hate Speech beistehen und ihnen zeigen, dass sie nicht alleine sind. Dafür sollte man sie auch fragen, welche Form von Unterstützung sie sich wünschen. Möchte ein Betroffener oder eine Betroffene von Hate Speech etwa nicht, dass man Anzeige erstattet, so sollte man diesen Wunsch respektieren.
Wenn wir Hate Speech nicht widersprechen, kann sich die öffentliche Diskussion verschieben, da immer extremere Aussagen getroffen werden müssen, um Aufmerksamkeit zu erhalten und Reaktionen zu provozieren. Vorher unvorstellbare Aussagen werden so normalisiert und die Stimmung innerhalb der Gesellschaft insgesamt feindlicher.
Welche Gesetze gibt es gegen Hate Speech?
Es gibt in Deutschland zwar keine Gesetze, welches explizit Hate Speech zur Straftat macht, das heißt aber nicht, dass es keine Wege gibt, juristisch gegen Hassrede vorzugehen. Im deutschen Strafrecht gibt es eine Reihe von Paragraphen, die auch gegen Hate Speech angewendet werden können.
Zum einen wäre dies das Verbot von Volksverhetzung (§ 130 StGB). Unter Volksverhetzung versteht man, wenn sich eine Aussage gegen den öffentlichen Frieden richtet. Das kann etwa der Fall sein, wenn zu Gewalt gegen eine Bevölkerungsgruppe aufgerufen oder zum Hass angestachelt wird.
Genauso relevant können die Paragrafen sein, die es illegal machen, öffentlich zu Gewalt aufzurufen (§ 111 StGB) oder Straftaten zu billigen (§ 140 StGB), also gutheißen. Also etwa, wenn dazu aufgerufen wird eine Geflüchtetenunterkunft anzuzünden.
Hate Speech kann auch strafrechtlich verfolgt werden, wenn es Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (wie z.B. Hakenkreuze) (§ 86a StGB), Beleidigungen (§ 185 StGB), üble Nachrede (§1 86 StGB) oder Verleumdungen (§ 187 StGB) enthält.
Das einzige Gesetz, welches Hate Speech zum Thema hat, ist das sogenannte Netzwerkdurchsuchungsgesetz (auch NetzDG). Das NetzDG ist seit 2017 in Kraft und zwingt Betreiber von Social Media Plattformen dazu, vermutlich rechtswidrige Inhalte binnen 24 Stunden zu entfernen. Diese Deadline gilt ab dem Moment, in dem ein Kommentar oder ein Bild von einem User gemeldet wurde. Plattformen wie Instagram und Twitter müssen also nicht selber auf Hate Speech Suche gehen.