Karadžić zu lebenslänglicher Haft verurteilt
Für die Opfer, die auf der Suche nach Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung sind, stellt es einen Wendepunkt dar, dass der höchste politische Führer der bosnischen Serben zum Zeitpunkt des Konflikts, der Anfang der 90er Jahre den Balkan verwüstete, wegen des Völkermords von Srebrenica, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und weiteren Kriegsverbrechen verurteilt wurde. Weil der serbische Präsident Slobodan Milošević, der 2006 in Den Haag starb, nicht mehr wegen Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord belangt werden konnte, trägt dieses Urteil eine besondere Symbolkraft.
Die Entscheidung, das Strafmaß von 40 Jahren auf eine lebenslange Freiheitsstrafe zu erhöhen, traf auf ein starkes Medienecho und wurde von den Opfern begrüßt. Sei zu treffen, war jedoch nicht einfach, da sich zwei der fünf Mitglieder des Gerichts, Richter Rosa (Portugal) und Richter De Prada (Spanien), dagegen aussprachen.
Ein Richter war mit den Berufungsbestimmugen nicht einverstanden
Obwohl sie in der Presse kaum beachtet wurden, sind die von der Staatsanwaltschaft vorgelegten und von allen Richtern außer Richter De Prada abgelehnten Beschwerdegründe von großem Interesse. Der erste Grund für die Berufung war die Prüfung so genannter ausgeschlossener Straftaten, einschließlich unmenschlicher Behandlung, Abschiebungen, illegaler Verhaftungen und restriktiver und/oder diskriminierender Maßnahmen, die in mehreren Gemeinden als Teil eines allgemeinen Völkermordplans zur Anwendung kamen. Das Gericht hat jedoch bestätigt, dass es nicht feststellen kann, ob diese ausgeschlossenen Verbrechen Teil eines gemeinsamen Plans oder Teil der eigenen Pläne von Karadžić waren. Es gibt auch eine alternative Hypothese, nach der diese Verbrechen nicht Teil eines gemeinsamen Plans oder des persönlichen Plans von Karadžić waren. Richter De Prada hielt das Argument des Gerichts für unzureichend, da die alternative Hypothese nicht stark genug ist, um über begründete Zweifel hinauszugehen. Aus diesem Grund war er allein der Ansicht, dass diese Verbrechen Teil eines Völkermordplans waren, da Karadžić ständig und detailliert über sie informiert wurde und sich aller Schritte zur Verwirklichung des gemeinsamen Plans als höchster politischer und militärischer Führer Serbiens voll bewusst war.
Die Komplexität des Berufungsverfahrens
Der zweite und der dritte Berufungsgrund der Staatsanwaltschaft sind eng miteinander verbunden. Sie wollen, dass die Situation der Menschen, die in Gefangenenlagern im ganzen Land eingesperrt waren, als völkermörderisch anerkannt wird, indem sie Urteile über die destruktiven Bedingungen, denen die Bevölkerung ausgesetzt war, fällen und die völkermörderische Absicht dieser Ereignisse feststellen. Männer, Frauen, Kinder und ältere Menschen wurden unmenschlich behandelt, missbraucht, gefoltert und vergewaltigt, und zwar nach Ansicht der Staatsanwaltschaft mit dem Ziel der Vernichtung der gesamten ethnischen Gruppe. Das Gericht hat jedoch den Urteilsspruch der ersten Instanz ratifiziert, indem es diese Vorfälle als Verfolgungsverbrechen beschreibt, aber feststellt, dass die völkermörderische Absicht von Karadžić nicht nachgewiesen werden kann. Auch das trug zu der abweichenden Meinung von Richter De Prada bei, der die Position der Staatsanwaltschaft unterstützt und der Ansicht ist, dass die rechtliche Beurteilung des Gerichts falsch ist, und nur eine vernünftige Schlussfolgerung gezogen werden kann: Es wurde weitgehend festgestellt, dass bosnisch-muslimische und bosnisch-kroatische Personen unter extrem schlechten und schwerwiegenden Bedingungen festgehalten wurden, Karadžić wollte diese Gruppen ganz oder teilweise vernichten.
Auch in Zukunft bleiben Schwierigkeiten unvermeidlich
Kurz gesagt, der Spruch bestätigt das Urteil in erster Instanz, wenn auch in Verbindung mit der Verlängerung des Strafmaßes auf lebenslänglich. Diese Erweiterung bringt den Opfern jedoch in keiner Weise Wahrheit und Gerechtigkeit, die Ereignisse zeigen aber, wie komplex das Erbes des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien ist. Dieses Erbe wirft auch Probleme für künftige Herausforderungen auf, einschließlich der Entmystifizierung des Verbrechens des Völkermords, das heute mehr denn je nicht nachweisbar zu sein scheint. Auf lokaler Ebene wird es die Kluft zwischen den beiden Gemeinschaften vergrößern, da Karadžić für viele bosnische Serben leider immer noch eine Heldenfigur ist.