"Nach Auffassung des Gerichts ergibt sich aus dem Präzedenzfall des EGMR nicht, dass die Verhängung einer lebenslangen Haftstrafe notwendigerweise im Konflikt mit Artikel 3 der EMRK steht. Dennoch geht das Gericht davon aus, dass aus diesem Präzedenzfall der Schluss gezogen werden kann, dass die Praxis der lebenslänglichen Verurteilung in den Niederlanden nicht mit den Anforderungen, die sich aus der EMRK ergeben vereinbar ist, weil es de facto kaum eine Perspektive für eine Verkürzung der verhängten lebenslänglichen Haftstrafe gibt. Für das Gericht lag darin der Grund, keine lebenslängliche Haftstrafe zu verhängen.
Der Fall der Brüder R.
Am 24. November verlas das Gericht in Assen, im Norden der Niederlande seine Entscheidung im Fall der Brüder R., denen der Mord an Herrn Smit im Dwingelderveld Nationalpark im November 2012, sowie der Mord an Herrn und Frau Veenendaal in Exloo im Juli 2013 vorgeworfen wurde.
Der ältere Bruder wurde zu 30 Jahren Gefängnis und anschließender Sicherheitsverwahrung in einem Krankenhaus verurteilt. Der jüngere Bruder wurde zu 30 Jahren Gefängnis verurteilt. Nach Ansicht des Gerichts war der Totschlag in Tateinheit mit Raub von Herrn Smit durch den älteren Bruder bewiesen, Im Fall des jüngeren Bruders sei keine Tötungsabsicht bewiesen. Beide wurden für den Mord an Herrn und Frau Veenendaal verurteilt. Sie handelten mit Vorsatz als sie das verheiratete Paar umbrachten.
Der ältere der beiden wird als voll schuldfähig eingestuft weil er es besser hätte wissen müssen und können.Das Gericht sah in ihm den Initiator der Verbrechen. Der jüngere Bruder wurde als etwas weniger verantwortlich beurteilt.
Maximaler temporärer Freiheitsentzug
Die Staatsanwaltschaft forderte lebenslänglich für beide Brüder. Im Fall des älteren verhängte das Gericht dieses Urteil nicht weil es nach gängiger Rechtspraxis in den Niederlanden nur selten zu Begnadigungen bei lebenslänglich Verurteilten kommt. So wird aus lebenslänglicher Haft tatsächlich eine lebenslängliche Strafe ohne jede Aussicht auf eine zukünftige Haftentlassung.
Das widerspricht Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention. Daher verurteilte das Gericht den älteren Bruder zu der maximalen temporären Haftstrafe von 30 Jahren und Sicherheitsverwahrung im Krankenhaus mit Zwangsbehandlung für die Zeit nach seiner Haftstrafe.
Obwohl der jüngere nicht voll schuldfähig ist und seine Rolle als geringfügiger als die seines Bruders beurteilt wurde, verhängte das Gericht auch für ihn eine dreißigjährige Haftstrafe. Nach Ansicht des Gerichts erlaubt die schwere der Taten kein milderes Urteil. Dem jüngeren der beiden werden keine weiteren Maßnahmen auferlegt.
Lies das Urteil hier und hier.