Generalanwalt Manuel Campos Sánchez-Bordona hat am Dienstag einen Entschließungsantrag vorgelegt, mit dem er die Richter bei der Beurteilung des Falles berät. Er sagte, "die Verpflichtung zur Registrierung ausländischer Spender von Organisationen der Zivilgesellschaft ist geignet, sowohl die Privatsphäre als auch die Vereinigungsfreiheit zu verletzen. Sie ist auch nicht durch die erklärten Ziele der ungarischen Regierung zu rechtfertigen".
Drei Organisationen setzen Hoffnung in das Gericht
Drei Organisationen - Amnesty International Hungary, das Hungarian Helsinki Committee und die Hungarian Civil Liberties Union - haben erklärt, die Position des Generalanwalts habe sie in ihrer Erwartung bestärkt, dass das Gesetz, das darauf abzielt, Organisationen zum Schweigen zu bringen, die es wagen, die Regierung zu kritisieren, vor dem Luxemburger Gericht scheitern wird. In einer gemeinsamen Erklärung sagten sie, "die Regierung sollte auf Kritik an ihrer Arbeit mit Argumenten und mit Dialog anstatt mit Stigmatisierung und Knebeln antworten".
Im Jahr 2017 hat das ungarische Parlament für zivilgesellschaftliche Organisationen, die mehr als 7,2 Millionen HUF (ca. 21.600 EUR) an ausländischen Spenden pro Jahr erhalten, die Verpflichtung eingeführt, sich als aus dem Ausland finanzierte zivilgesellschaftliche Organisationen registrieren zu lassen und dies auf ihren Webseiten und Veröffentlichungen anzugeben. Die Europäische Kommission leitete ein Vertragsverletzungsverfahren gegen das Gesetz ein und klagte vor dem Gerichtshof der Europäischen Union.
Ausländische Spender in Ungarn könnten um ihren Ruf fürchten.
In dem dem Entschließungsantrag, der als Grundlage für das Gerichtsurteil herangezogen wurde, stellt der Generalanwalt fest, dass ausländische Spenden, die einer zivilgesellschaftlichen Organisation gewährt werden, als bewegliches Kapital gelten. Ungarn hat Bedingungen für den Kapitalverkehr festgelegt, die ausländische Spender möglicherweise abschrecken, da sie befürchten könnten, stigmatisiert zu werden, wenn die Einzelheiten ihrer Spenden veröffentlicht werden. Darüber hinaus greift der Staat durch die Aufnahme ihrer Namen und Spendensummen in öffentliche Datenbanken (und damit die Verwaltung ihrer persönlichen Daten) in ihre Privatsphäre ein.
Generalanwalt verwirft das Argument Ungarns, die öffentliche Ordnung schützen zu wollen
Indem es potentiellen Spendern Schwierigkeiten bereitet, beeinträchtigt das Anti-Zivilivilgesellschafts-Gesetz die Lebensfähigkeit und das Überleben der unterstützten Organisationen und schränkt damit ihre Vereinigungsfreiheit ein, sagte Sánchez-Bordona. Der ungarische Staat unterstrich in seiner Argumentation den Schutz der öffentlichen Ordnung, während der Generalanwalt der Meinung ist, dass dieses Gesetz nur als Referenz für Klagen gegen jene Organisationen der Zivilgesellschaft dienen kann, die im Verdacht stehen, die öffentliche Ordnung zu verletzen, während es nicht erlaubt, die angefochtenen Verpflichtungen jeder Organisation aufzuerlegen. Darüber hinaus wies Sánchez-Bordona darauf hin, dass die EU-Vorschriften einen ausreichenden Schutz gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung bieten.