Der am 28. März 2022 veröffentlichte Media Freedom Report 2022 ist der erste Jahresbericht über die Medienfreiheit in der EU, der von der Civil Liberties Union for Europe als Ergänzung zum Rule of Law Report erstellt wurde.Er wird durch das Policy Paper zur Mediengesetzgebung unterstützt. Der Bericht wurde mit Hilfe von Liberties Mitglieds- und Partnerorganisationen in 15 EU-Ländern verfasst und basiert auf gesammelten Fallstudien. Der Media Freedom Report 2022 konzentriert sich auf vier Themen: Medienfreiheit und Mendienpluralismus, Sicherheit und Schutz von Journalisten, freie Meinungsäußerung und Zugang zu Informationen und schließlich die Durchsetzung von Gesetzen.
Freie und vielfältige Medien sind in jeder Demokratie wichtig. Um eine lebhafte und lebendige öffentliche Debatte führen zu können, müssen die Bürgerinnen und Bürger darüber informiert werden, was ihre politischen Vertreterinnen und Vertreter tun. Die Arbeit von Journalist/innen und Medienschaffenden macht dies möglich. Die Medienfreiheit in der EU nimmt jedoch immer weiter ab. In vielen Ländern gibt es Probleme in den analysierten Bereichen, und auch wenn die Aushöhlung der Medienfreiheit in einigen Staaten ins Licht der Öffentlichkeit gerückt ist, verschlechtert sich die allgemeine Situation in der gesamten Union.
Medienfreiheit und Pluralismus
Bürgerinnen und Bürger brauchen unabhängigen Journalismus, um sich über die wichtigen Themen und Neuigkeiten zu informieren und sich eine Meinung zu bilden. Medienfreiheit bedeutet, dass die Medien unabhängig von staatlicher Einmischung oder Einflussnahme über aktuelle Themen berichten können. Wenn die Bürgerinnen und Bürger über genaue Informationen verfügen und verschiedene Meinungen in Betracht ziehen können, versetzt sie das in die Lage, eine fundierte Entscheidung darüber zu treffen, wie sie regiert werden wollen. Eine Möglichkeit, um sicherzustellen, dass die Öffentlichkeit verschiedene Meinungen hören kann, besteht darin, zu verhindern, dass eine Handvoll Eigentümer die Mehrheit der Medienunternehmen leitet. Viele EU-Mitgliedstaaten haben jedoch mit einer starken Konzentration von Medienbesitz zu kämpfen, oder mit Regierungen, die Druck auf die Verleger ausüben.
In Ungarn haben regierungsfreundliche Geschäftsleute große Teile des Medienmarktes aufgekauft. Regierungstreue haben einflussreiche Nachrichtensender übernommen, die früher regierungskritisch waren. Und auch in stabileren Demokratien gibt es Probleme mit der Medienvielfalt. Ein Beispiel dafür ist Italien. In Italien beherrschen nur zwei Medienunternehmen den Medienmarkt.
Aber auch andere Faktoren können den Medienpluralismus beeinträchtigen. In ganz Europa spüren die Medienhäuser vor allem aufgrund der Covid-19-Pandemie wirtschaftlichen Druck, zum Beispiel durch geringere Werbeeinnahmen. Dies betrifft Verlage aller Größenordnungen, aber kleine und lokale Nachrichtenredaktionen sind besonders stark betroffen.
Journalist/innen und Medienschaffende sind nicht sicher
In den meisten Ländern, die in diesem Bericht berücksichtigt werden, wird das Umfeld für Journalist/innen immer unsicherer. Das reicht von Beschimpfungen bis hin zu körperlichen Angriffen. Menschenrechtsgruppen in 11 Ländern berichten über besorgniserregende Fälle von Belästigung und Angriffen auf Journalist/innen. In den Niederlanden berichten Medienschaffende von einem zunehmend gewalttätigen Umgang mit den Medien. Im Juli 2021 erreichte dies einen tragischen Höhepunkt, als der Kriminalreporter Peter R. de Vries am helllichten Tag in Amsterdam erschossen wurde.
Und die Angriffe beschränken sich nicht nur auf reale Begegnungen, sondern finden auch virtuell statt. Die meisten Belästigungen, denen deutsche Journalistinnen und Journalisten ausgesetzt sind, finden online statt, was dazu führt, dass einige von ihnen sich selbst zensieren und brisante Themen wie Migration meiden.
Beschneidung der Meinungs- und Informationsfreiheit
Unsere Mitglieds- und Partnerorganisationen in der EU berichten über eine zunehmende Zahl von Einschränkungen der Meinungs- und Informationsfreiheit.
In Frankreich erschwert das neue Gesetz zur Wahrung der Grundsätze der Republik Journalisten die Berichterstattung über Polizeigewalt und deren Aufdeckung. In Slowenien wurde versucht, neue Regeln für die Kriminalisierung von Beleidigungen einzuführen, um auch solche gegen Personen des öffentlichen Lebens zu erfassen. Auf diese Weise soll Kritik am Premierminister und anderen Regierungsvertretern bestraft werden.
Nach wie vor ist der eingeschränkte Zugang zu Informationen ein Problem. In Polen wurde Dutzenden von Journalist/innen der Zugang zur Grenze mit Weißrussland verweigert.
Es ist offensichtlich, dass viel getan werden muss, um die Medienfreiheit zu schützen und den Medienpluralismus in Europa zu gewährleisten. Die Europäische Kommission arbeitet derzeit an einem neuen Gesetz, dem Europäischen Medienfreiheitsgesetz, um die Vielfalt und Unabhängigkeit der Medien in der EU zu schützen. Es soll Maßnahmen zur Förderung der Transparenz bei den Medieneigentümern enthalten und Regeln für eine sicherere journalistische Arbeit aufstellen.
Außerdem empfehlen wir der Kommission folgende Punkte umzusetzen:
- Gelder müssen fair und transparent an die Medienunternehmen verteilt werden.
- Die redaktionelle Unabhängigkeit von jeglicher Form öffentlicher oder privater Einmischung muss unterstützt werden. Ein besonderer Schwerpunkt muss dabei auf dem Schutz der journalistischen Quellen liegen.
- Angemessene Durchsetzungsmechanismen, wie die Einrichtung eines Gremiums für Medienfreiheit und eine jährliche Überwachung des Status der Medienfreiheit.
Wenn du mehr über die aktuelle Lage der Presse in der Europäischen Union erfahren möchtest und darüber, was zum Schutz von Journalist/innen und der Medienfreiheit getan werden kann, lies hier unseren Bericht.
Weitere Lektüre zu diesem Thema:
How
The EU Can Use A Can’t-Miss Opportunity To Protect Media Freedom
EU Must Act as Countries Copy Putin’s Playbook to Control Media
Systemic threats make media freedom decline across Europe: Report 2022