Im Juli dieses Jahres hat die erste Sektion der Strafkammer der Audencia National sechs Jugendliche der anarchistischen Gruppe Straight Edge freigesprochen Die Staatsanwaltschaft hatte den Angeklagten 'Verherrlichung des Terrorismus in den sozialen Medien' vorgeworfen und eine zweijährige Haftstrafen gefordert.
Fragwürdige Anklagen und umstrittene Inhaftierungen
Dieser Fall ist nur einer von vielen, die in Spanien auf dem höchst umstrittenen Straftatbestand der Verherrlichung des Terrorismus beruhen. Die Staatsanwaltschaft hatte aber schon allein deshalb einen schwierigen Stand, weil einer der Angeklagten, Juan Manuel Bustamante Vergara (Nahuel), bereits vor dem Prozess ein Jahr und vier Monate unter dem FIES-Regime (dem strengsten Gefängnisregime in Spanien) im Gefängnis verbrachte, und eine erheblichen Zeitspanne davon sogar in Einzelhaft verbrachte.
Er wurde fünfmal in verschiedene Gefängnisse in Spanien verlegt, eines davon mehr als 300 Meilen von seiner Familie und seinem Verteidigungsteam in Madrid entfernt. Keines der Gefängnisse, in denen er festgehalten wurde, hat sein Recht auf vegane Ernährung respektiert, obwohl die zentrale Gefängnisaufsichtsbehörde dieses Recht ausdrücklich anerkennt.
Das Verfahren gegen Straight Edge Madrid begann 2015 mit der Antiterroraktion "Operation Ice", bei der sechs Personen verhaftet und ihre Häuser durchsucht wurden. Diesen Personen wurde die Zugehörigkeit zu einer kriminellen Vereinigung mit terroristischen Zielen, der Besitz von Sprengstoffen und Sachbeschädigung vorgeworfen. Diese Vorwürfe wurden während der gesamten Voruntersuchungsphase von der Polizei, der Staatsanwaltschaft und dem Untersuchungsgericht aufrechterhalten und dann auch in der Anklage bestätigt.
Staatsanwaltschaft lässt alle Anklagen bis auf "Verherrlichung des Terrorismus" fallen
Nach Abschluss der Vorermittlungen und der Prüfung aller Beweise beschloss die Staatsanwaltschaft jedoch, ihre Kriterien zu ändern und ließ überraschenderweise in einer neuen Anklageschrift die bisherigen Vorwürfe fallen, die immerhin zu Freiheitsstrafen von bis zu 35 Jahren für jeden Einzelnen hätten führen können. Die einzige Anklage, die sie aufrechterhalten konnte, war die wegen angeblicher "Verherrlichung des Terrorismus" in sozialen Netzwerken. Diese Anschuldigungen basierten auf einer Reihe von Nachrichten und Videos, die auf Twitter, Facebook und YouTube veröffentlicht wurden und neben Bildern von Ausschreitungen und beschädigten Banken Appelle zum Boykott von Finanzinstituten und Antikapitalistische Parolen enthielten und zu 'Aktionen' gegen das Establishment aufriefen, wobei in einigen Fällen auf Gewalt niedriger Intensität in Form von öffentlichen Ausschreitungen zurückgegriffen werden solle, wann immer dies erforderlich sei.
Gericht weist die Argumentation der Staatsanwaltschaft zurück
Die Staatsanwaltschaft hatte argumentiert, diese Aussagen würden "eine Verherrlichung der gewaltsamen Untergrabung der politischen und sozialen Strukturen des Staates und des Kampfes gegen alle etablierten Mächte durch verschiedene terroristische Gruppen mit einem anarchistischen oder aufständischen Profil sowohl in Spanien als auch im Ausland" darstellen. Das Gericht sah den Fall jedoch anders.
Keine der Botschaften verwies auf eine Gruppe, die als terroristische Vereinigung angesehen wird, oder auf eine Person, die wegen einer solchen Handlung verurteilt wurde und damit legt dieser Fall fest, dass "solche Taten nicht als Verherrlichung terroristischer Aktivitäten angesehen werden können".
Das Urteil beruht auf zwei grundlegenden Annahmen. Erstens ist nicht ersichtlich, dass die Gefahr terroristischer Handlungen bestanden hat, weder real noch abstrakt. Zweitens war das Gericht der Auffassung, die Äußerung rebellischer Haltungen bedeute in keiner Weise einen direkten oder indirekten Angriff auf den Staat und seine Institutionen.
Beweis unzureichend, dass die Angeklagten Terroranschläge geplant oder beeinflusst hätten
Nach Aussage der Juristen "haben wir es mit einer Gruppe von Personen zu tun, die ihre Inkonformität mit den finanziellen und sozialen Strukturen zum Ausdruck bringen und Demonstrationen über Online-Medien durchführen, ohne das ausreichende Beweise für ihre konkrete Beteiligung an einer gewalttätigen Handlung krimineller Natur vorlägen und ohne ausreichende Beweise, die unwiderlegbar zeigen, dass sie andere dazu veranlasst hätten, solche Handlungen zu begehen".
Die Richter und Richterinnen des ersten Abschnitts der 'Audiencia Nacional' kamen zu dem Schluss, dass die auf den Social Media Networks von Straight Edge Madrid veröffentlichten Nachrichten und Videos weder ein objektives noch ein subjektives Element des Verbrechens der Verherrlichung des Terrorismus enthielten (Art. 578 StGB), was bedeutet, dass eine rebellische Grundhaltung nicht automatisch gleichbedeutend ist damit, ein Terrorist zu sein.
Dieser Artikel wurde ursprünglich im September 2018 auf dem Blog von Rights International Spain veröffentlicht.