Dschihad vs. McWorld
In seinem 1996 erschienenen Bestseller Jihad vs. McWorld, stellt der amerikanische Politikwissenschaftler Benjamin R. Barber die These auf, dass zwei gleich starke Kräfte um unser Herz und unseren Verstand kämpfen. "McWorld" ist Barber's Metapher für den homogenisierenden, gewinnmaximierenden, hygienisch effizienten Geist des globalen Kapitalismus. "Dschihad" ist das, was als Reaktion darauf geschieht: der Aufstieg des ethnozentrischen Tribalismus, die Zunahme des parochial beschränkten Hasses und die Sehnsucht, zu "einer Welt zurückzukehren, die vor dem kosmopolitischen Kapitalismus existierte und die von religiösen Geheimnissen, hierarchischen Gemeinschaften, bezaubernden Traditionen und historischer Erstarrung definiert wurde". McWorld macht nationale Grenzen von außen durchlässig. Der Dschihad trägt sie von innen heraus ab. Barber rechnete damit, dass McWorld schließlich die Antimodernität des Dschihad überwinden und als letzter Spieler auf dem Feld bleiben würde. Aber er hielt das nicht für einen Grund zum Feiern. Er hält den Nationalstaat für das beste Gefäß für die Demokratie und da sowohl Jihad als auch McWorld den Nationalstaat untergraben, sind seiner Meinung nach die Aussichten für die Demokratie düster, egal welche der beiden Kräfte sich durchsetzt.
Hat der wiederauflebende Tribalismus den Jihad 2.0 geschaffen?
Nun, natürlich ist Barbers These, dass die dialektische Plage von McWorld und Dschihad den Nationalstaat und die Demokratie selbst zerschlagen werden, provokativ. Wenn man sich 2019 so umsieht, dann erscheint sie tatsächlich etwas seltsam. McWorld ist immer noch hier, ebenso wie der von Barber beschriebene Dschihad, aber in einigen Ländern haben es die politischen Führer geschafft, den Tribalismus von der subnationalen Ebene auf die nationale Ebene zu bringen. Der Nationalismus ist im Grunde genommen als Dschihad 2.0 zurückgekehrt. Es besteht die Möglichkeit, dass die Briten die Europäische Union verlassen. Der amerikanische Präsident will eine Mauer an der Südgrenze seines Landes errichten, um die Einwanderung von Immigranten zu verhindern. Der ungarische Premierminister hat das bereits geschafft. Sollen wir uns darüber freuen? Sollte sich Barber darüber freuen? Schließlich stärkt das den Nationalstaat wieder, und da dieser das beste Gefäß für die Demokratie sein soll, haben wir vielleicht tatsächlich Grund zum Feiern.
Die fortschrittlichen Europäer müssen schnell handeln, um die Flut zurückzuhalten.
Ob sich Barber freuen sollte oder nicht (tatsächlich war wohl nicht gerade glücklich mit den Entwicklungen), ist eine seltsame Frage. Diese Führer, jene Politiker, die wir populistische Autoritarier nennen können, sagen, dass sie die Souveränität ihrer Nationen verteidigen, indem sie Mauern bauen und für sie stehen ihre Länder, 'first', also an erster Stelle. Sie behaupten, dass sie den Willen der Mehrheit (der 'echten Patrioten', der 'Truecountrymen') vertreten, und dass sie die einzigen wahren Demokraten seien. Aber es weist nur sehr wenig darauf hin, dass dies auch tatsächlich der Fall ist. Stattdessen heben sie den Hass und die Angst auf die nächste Ebene und nutzen unsere Schwächen gegen uns, um ihre eigene Macht zu stärken.
Glücklicherweise ist der Kampf gegen den populistischen Autoritarismus nicht verloren. Aber uns fortschrittlichen Europäern bleibt nicht mehr viel Zeit, um zu reagieren. Wenn Du Dich dafür interessierst, warum das so ist und wenn Du wissen möchtest, welche Politik Du unterstützen solltest, um siegreich zu sein, dann lies das neue Buch unseres Head of Advocacy, Dr. Israel Butler.