Die Helsinki Foundation for Human Rights (HFHR) fordert die Polizei auf, die Bilder der Demonstranten von ihrer Website zu entfernen und weist darauf hin, dass es keine rechtlichen Grundlage für eine solche Anprangerung gibt. Die HFHR nannte es erschreckend, dass die Bilder auf eine Art und Weise veröffentlicht wurden, die an Steckbriefe erinnert.
Vorgänge im Sejm
Der Sprecher des Sejm, des Unterhauses des Polnischen Parlaments, verkündete am 16. Dezember die Einführung radikaler Beschränkungen für Parlamentskorrespondenten. Ein Abgeordneter der Opposition wurde daran gehindert, eine Debatte fortzusetzen und protestierte mit einem Schild "# Freie Medien in Sejm".
Der Sejm-Sprecher schloß ihn daraufhin von der Debatte aus. Im Anschluss daran blockierten die Oppositionsabgeordneten einige Monate lang den Zugang zum Podium. Daraufhin beschloss der Marschall, die Sitzung zu verlegen und über das Haushaltsgesetz in einem anderen, separaten Raum ohne Geräte zur automatischen Stimmauszählung zu beraten. Darüber hinaus deckte das Bild von der Kamera nicht den gesamten Raum ab und Medien waren nicht zugelassen. Oppositionsabgeordnete haben berichtet, dass sie Probleme hatten den Sitzungssaal zu betreten.
In einer chaotischen Atmosphäre wurde das Budgetgesetz verabschiedet. Stimmen wurden kollektiv und von Hand gezählt (ohne nachvollziehen zu können, wie einzelne Abgeordnete stimmten).
Proteste vor dem Parlament
Die Ankündigung führte nicht nur zu Protesten von Oppositionellen, die behaupteten, das Treffen und die Abstimmung über den Haushalt seien nicht legitim, sondern auch zu Bürgerprotesten. Am 16. Dezember versammelten sich Gruppen von Demonstranten vor dem Parlament, wobei die Menschenmassen jeden Ausgang des Parlaments blockierten, um zu verhindern, dass die Abgeordneten der regierenden Partei das Gebäude verließen.
Gegen drei Uhr, als Autos mit Abgeordneten der Regierungspartei das Parlament verließen, versuchten einige der Demonstranten, sie zu stoppen, indem sie sich auf die Straße setzten und vor entgegenkommende Autos liefen. Obwohl die Situation durchaus dynamisch war, verlief die Versammlung insgesamt friedlich und es gab keine Verhaftungen.
Polizeilich gesucht
Mehr als einen Monat nach diesen Zwischenfällen veröffentlichte die Warschauer Polizeibehörde auf ihrer offiziellen Website Bilder von mehr als 20 Personen, die am 16. und 17. Dezember in der Nähe des Sejm-Gebäudes demonstrierten. Nach Angaben der Behörde waren sie an der "Verletzung der Rechtsordnung" beteiligt. Die Veröffentlichung der Bilder wurde jedoch nicht von Angaben zu Strafverfahren, dem Zweck eines möglichen Verfahrens oder der Art der behaupteten Verletzung der Rechtsordnung begleitet.
Reaktion der HFHR
In ihrem Schreiben an den Chefkommissar der Warschauer Polizeiabteilung bat die HFHR um die Entfernung der Bilder von Teilnehmern der öffentlichen Versammlungen in der Nähe des Sejm Gebäudes am 16. und 17. Dezember 2016 von der offiziellen Website. Der Brief betonte, dass weder das Strafrecht noch das Polizeigesetz eine solche Veröffentlichung rechtfertigen könnten.
Die Stiftung betonte, dass die Online-Publikation von Bildern der Demonstranten gegen mehrere Rechte und Freiheiten, einschließlich persönlicher Interessen, der Unschuldsvermutung und dem Recht auf Privatsphäre verstoßen und indirekt die Versammlungsfreiheit einschränken können.
"Eine Publikation von Bildern von Personen, die an einer öffentlichen Demonstration teilnehmen, und zwar so, dass sie an Steckbriefe erinnert, hat eine "bedrohliche Wirkung "auf potenzielle Demonstranten. Bürger haben Grund zu befürchten, dass diejenigen, die an einer Demonstration gegen die Regierung teilnehmen, mit einer Straftat belastet werden können. Dieses Verhalten der Polizei sollte sicherlich als unverhältnismäßig angesehen werden", sagt der Anwalt der HFHR Piotr Kubaszewski.
"Verhindern, dass die Menschen ihre Meinung äußern, auch wenn diese Meinungen von den Ansichten der Regierungspartei abweichen, das verstößt gegen die Grundlagen eines demokratischen Rechtsstaates", schrieb die HFHR in ihrem Schreiben an den Chefkommissar der Warschauer Polizeibehörde.