Technologie & Rechte

Fixierung und Demütigung scheinen in Tschechiens Psychiatrischen Kliniken normal zu sein

Die verstörenden Berichte aus den psychiatrischen Kliniken in der Tschechischen Republik sollten die Regierung dazu veranlassen, eine besondere Aufsichtsbehörde einzurichten.

by The League of Human Rights

"Eines Tages war ich unruhig und das Personal fixierte mich auf einem Bett. Schlimmer noch, sie fesselten mich auch mit einem Laken über der Brust so stramm, dass ich fast erstickte. Das Personal verließ den Raum sofort, ohne zu bemerken und offensichtlich auch nicht daran interessiert, dass ich um mein Leben kämpfte", erzählte der 30-jährige Radek Deak über eines seiner schrecklichen Erlebnisse in der Psychiatrie.

Deak ging durch sechs Sanatorien im ganzen Land seit er 1999 seine Behandlung begann. Überall traf er auf diskriminierende und unverhältnismäßig strenge Behandlung. Er erinnert sich auch an das entwürdigende Erlebnis, als er, völlig entkleidet, mit Beleidigungen von Seiten der Mitarbeiter über die Größe seiner Hoden konfrontiert war. Gravierender waren jedoch die Schmerzen, die er bei der übermäßigen Anwendung von Elektroschock-Therapie oder Fesselung durchleben musste.

Mit neuen Narben aus dem Krankenhaus entlassen

"Ich konnte nicht atmen, geschweige denn um Hilfe rufen. Um mein Leben zu retten musste ich aus den Riemen herauskommen. Es gelang mir unter großen Schmerzen, indem ich meine Handgelenke mit Hilfe der Eisen mit Blut bedeckte. Bis heute habe ich eine Narbe davon", erzählte er weiter.

Die Liga für Menschenrechte (LHR), eine Nichtregierungsorganisation, sammelte mehr Geschichten von Patienten in psychiatrischen Abteilungen. Wie viele davon von Regierungsbeamten gelesen werden, bleibt abzuwarten.

Häufig wenden sich die Patienten an Anwälte, wenn das Personal Fixierung als Mittel verwendet, um Patienten zu bestrafen. Die Patienten klagen auch über mangelnde Hygiene, fehlende Privatsphäre sowie Gewalt und sexuelle Belästigung durch das Personal. Es stört sie, dass sie nicht über ihre Behandlung entscheiden dürfen und dass sie verpflichtet sind, starke Medikamente einzunehmen.

Unangemeldete Besuche

Die League of Human Rights fordert regelmäßigere Kontrollen der Einrichtungen. "Es ist wichtig, dass die Aufsichtsbehörde die Möglichkeit erhält, jede Abteilung jederzeit unangemeldet zu besuchen und unbeaufsichtigt mit jedem Patienten zu sprechen", sagt LHR Anwältin Zuzana Durajová.

Der Vorschlag der Organisation gilt bei einigen Ärzten und Experten aus dem Bereich der Psychiatrie allerdings als äußerst kontrovers:

"Dieser Vorschlag basiert auf der Annahme, dass Psychiater ihre Patienten häufiger als andere Ärzte verletzen und die Patienten besonders gut geschützt, bzw. Ärzte durch spezielle Gremien überwacht, werden müssen, die natürlich aus staatlichen Mitteln finanziert werden sollen. Ich finde diese Annahme beleidigend", sagte Petr Mozny, der Direktor der psychiatrischen Klinik der Stadt Kromeriz.

Kontrolle ist notwendig

"Ich sehe keinen Grund, warum psychiatrische Patienten und medizinisches Fachpersonal auf dem Gebiet der besonderen Aufsicht einer neu zu gründenden Behörde unterzogen werden sollten", sagte Mozny.

Deaks Aussage bringt weitere umstrittener Praktiken ans Tageslicht. "Jeden Tag, sehr früh am Morgen, bringen die Pfleger alle Patienten auf den Flur. Die Patienten sind sediert und schläfrig von den starken Medikamenten und der nächtliche Schlaf ist nicht genug für sie. Während des Tages kann man sich nirgendwo ausruhen, so dass fast alle Patienten auf dem schmutzigen Linoleumboden liegen. Oft kommt es zu Streit über das bisschen Platz, das es gibt", sagte er.
Die Patienten in Tschechiens psychiatrischen Krankenhäusern sind auf einer täglichen Basis mit Demütigung konfrontiert. (Bild: cchrint.org)

Die 10-seitige Vorschlag, wie eine Aufsichtsbehörde für psychiatrische Kliniken arbeiten sollte, wurde von Frau Durajová geschrieben. Sie fühlte sich dazu verpflichtet, weil sie von den unhaltbaren Zuständen erfahren hat, obwohl die Überwachung derzeit der nationalen Ombudsstelle obliegt. Dieser fehlen aber die notwendigen Ressourcen, um eine gründliche Arbeit zu leisten.

"Der Überwachungsmechanismus sollte die Rechte von Menschen schützen, die de jure oder de facto in psychiatrischen Krankenhäusern ihrer persönlichen Freiheit beraubt sind", heißt es in dem Material, das zusammen mit anderen gesammelten Berichten im Juli dem Ministerium für Gesundheit übergeben wurde.

Patienten haben Angst, sich zu beschweren

Frau Durajova meint, einer der Gründe für die Überwachung sei die Tatsache, dass sich die Patienten der Krankenhäuser nirgends mit ihren Beschwerden hinwenden können, oder dass sie Angst hätten, sich an das Personal zu wenden,weil sie Racheakte befürchten. Ihr Verdacht wird von Radek Deak bestätigt: "Ich hatte Angst, dass die Beschwerde mir nicht helfen würde, im Gegenteil, dass es mir schaden würde, weil sich Ärzte und andere Mitarbeiter, natürlich, gegenseitig unterstützen. Ich bin für die ja nur ein Narr, der sich etwas ausdenkt."

Dieser Bericht von Sarka Kabátová wurde zuerst auf Lidovky.cz. veröffentlicht.

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