EU-Beobachtung

Schließung des zivilgesellschaftlichen Raums: Wie Angriffe auf Menschenrechtsverteidiger die Rechtsstaatlichkeit untergraben

​Der Bericht über die Rechtstaatlichkeit „Liberties 2025 Rule of Law“ zeigt, dass im Jahr 2024 die Einschränkungen des zivilgesellschaftlichen Raums entweder anhielten oder sich verschlimmerten.

by Flore du Teilleul

Das Recht auf friedlichen Protest wird untergraben, zivilgesellschaftliche Organisationen (Civil Society Organizations- CSOs) werden Fördermittel gestrichen, der Zugang zu Informationen wird eingeschränkt und verbale und physische Angriffe auf Aktivisten nehmen zu.

Diese Trends sind besonders besorgniserregend, da Menschenrechtsverteidiger (MRV) und zivilgesellschaftliche Organisationen diejenigen sind, die Menschenrechtsverletzungen anprangern, sich gegen mächtige Akteure stellen, die Schaden anrichten, und unsere grundlegendsten Rechte schützen. Sie sind für unsere Demokratien von entscheidender Bedeutung, sehen sich jedoch täglich Angriffen ausgesetzt – sei es verbal, physisch, rechtlich oder finanziell –, die die Existenz eines lebendigen zivilgesellschaftlichen Raums in der gesamten Union rasch bedrohen.

Wenn MRV bei der Ausübung ihrer Arbeit bedroht werden, schwächt dies ihre Fähigkeit, Rechtsverletzungen anzugehen, Rechenschaftspflicht sicherzustellen und demokratische Grundsätze zu wahren, was zu einer zunehmenden Einschränkung des zivilgesellschaftlichen Raums führt.

Europa weist die geringste Anzahl an öffentlichen Maßnahmen zum Schutz von MRV auf. Es ist ferner bemerkenswert, dass die Handlungsmöglichkeiten von zivilgesellschaftlichen Organisationen und Aktivisten in den letzten Jahren erheblich geschrumpft sind. Ähnlich wie bei anderen Aspekten der Rechtsstaatlichkeit haben die jüngsten Europawahlen zu einem Umfeld geführt, in dem Politiker ermutigt werden, den zivilgesellschaftlichen Raum in Europa zu untergraben.

Ineinandergreifende Bedrohungen, die die Zivilgesellschaft zu destabilisieren drohen

Das Muster der Angriffe verstärken und untermauern die Gesamtbedrohung.

Verleumdungskampagnen und Angriffe durch die Medien: Für viele Organisationen beginnen Angriffe mit Verleumdungskampagnen und Desinformation durch die Medien, die darauf abzielen, die Legitimität von zivilgesellschaftlichen Organisationen zu diskreditieren und zu untergraben. In der Slowakei und in Slowenien nutzen die Regierungsparteien die Medien als Sprachrohr, um zivilgesellschaftliche Organisationen als schlechte Akteure darzustellen, die an den Problemen der Gesellschaft schuld seien und gegen die Interessen der Regierung handeln würden. In ähnlicher Weise initiieren in Irland mehrere Politiker Kampagnen, um die Finanzierung von NGOs einzustellen, und bezeichnen ihre Arbeit als Geldverschwendung. Die Gäste und Moderatoren einer rumänischen Fernsehsendung behaupten ohne Beweise, dass zivilgesellschaftliche Organisationen von ausländischen Agenten kontrolliert würden, und prangern ihre undurchsichtige Finanzierung an.

Rechtliche und politische Beschränkungen: Sobald die Medien gegen zivilgesellschaftliche Organisationen Stimmung machen, werden die Verleumdungskampagnen genutzt, um Unterstützung für rechtliche und politische Beschränkungen zu gewinnen. In Liberties Bericht werden viele Fälle von Einschränkungen des Rechts auf friedlichen Protest dokumentiert, insbesondere bei Solidaritätsbekundungen für Palästina - und bei Klimademonstrationen. Diese Einschränkungen erfolgen in Form von Gesetzen zur öffentlichen und allgemeinen Sicherheit. In Italien beispielsweise diskutiert der Senat derzeit einen Gesetzesentwurf über administrative und strafrechtliche Sanktionen für Aktivisten, die an Straßenblockaden beteiligt sind. Ähnlich verhält es sich in den Niederlanden, wo bei Demonstrationen Verbote für Protestschilder verhängt werden und Personen, die an den Protesten teilnehmen, kriminalisiert werden. Aktivisten von Extension Rebellion werden vor Beginn der Demonstration verhaftet und Klimaaktivisten werden mit unverhältnismäßig hohen Geldstrafen belegt.

Einschränkungen beim Zugang zu Finanzmitteln: Der politische Druck auf zivilgesellschaftliche Organisationen führt auch zu gezielten Finanzierungsbeschränkungen, die ihre Aktivitäten stark beeinträchtigten. Die neue niederländische Regierung führt einen neuen Plan ein, um die Steuervorteile für Einzelpersonen und Unternehmen, die an NGOs spenden, zu reduzieren. In Deutschland und Irland haben zivilgesellschaftliche Organisationen, die mit ähnlichen Einschränkungen konfrontiert sind – insbesondere solche, die sich mit sensiblen politischen Themen befassen – ihre Aktivitäten selbst zensiert, um den Zugang zu öffentlichen Mitteln sicherzustellen. Die Einführung komplexer und willkürlicher Förderkriterien für staatliche Mittel in Litauen und Frankreich beeinträchtigt die Arbeit von CSOs weiter.

Verbale und physische Angriffe: Schließlich verstärken sich die negative Rhetorik gegen CSOs und die restriktive operative Landschaft durch eine Zunahme verbaler und physischer Angriffe. Diese Angriffe richten sich direkt gegen ihre Personen oder gegen ihre Familien und ihr Eigentum und werden durch die Kriminalisierung von Aktivisten im politischen Diskurs gefördert, insbesondere von Aktivisten, die sich für den Umweltschutz und die Rechte von Minderheiten einsetzen. Im Januar 2024 wurde eine bekannte rumänische Aktivistin nach einem Beitrag auf Facebook auf eine Polizeiwache gebracht und verhört. Ein Jahr später, im Januar 2025, werden 13 Aktivisten aus acht Ländern, die an einem NGO-Workshop teilnahmen, von den serbischen Behörden zum Verhör gebracht, über Nacht festgehalten und schließlich abgeschoben. Serbien rechtfertigt diese Maßnahme mit „Sicherheitsgründen“, aber europäische zivilgesellschaftliche Organisationen verurteilen sie als Versuch, Aktivisten einzuschüchtern. In Zypern wird das Büro der Antirassismus-Organisation KISA nach einer Reihe nicht genehmigter Drohungen und verbaler Angriffe gegen die Freiwilligen bombardiert.

Die Kombination dieser Angriffe und das Fehlen eines Schutzrahmens stellen eine ernsthafte Bedrohung für den zivilgesellschaftlichen Raum in Europa dar. Verleumdungskampagnen ebnen den Weg für restriktive Gesetze und ermutigen Akteure, körperliche, verbale und rechtliche Angriffe gegen zivilgesellschaftliche Organisationen ohne Konsequenzen durchzuführen.

Lücken im europäischen Rechtsrahmen zum Schutz von MRV

Ein kürzlich veröffentlichtes Papier von Liberties und einer Koalition von CSOs hebt die wichtigen Lücken im Rechtsrahmen zum Schutz von MRV hervor. Die Hauptmängel des Schutzrahmens sind das Fehlen wirksamer Meldemechanismen bei Angriffen und der eingeschränkte Zugang zu Rechtsbeistand. Infolgedessen werden nur 55 % der Angriffe gemeldet.

In dem Papier wird untersucht, wie diese Lücke geschlossen werden kann und was für ein umfassendes Ökosystem zum Schutz von MRV und CSO erforderlich ist. Die Verabschiedung nationaler und regionaler Gesetze zum Schutz von MRV, die der Vielfalt und Schwere der Angriffe Rechnung tragen, ist unerlässlich. Auf europäischer Ebene würde die Einrichtung eines effizienten Systems für MRV zur Meldung von Angriffen zusammen mit einem gründlichen und schnellen Untersuchungsverfahren ihre Sicherheit und ihren Schutz besser gewährleisten, ebenso wie ein Mechanismus, der Zuschüsse für schnelle Reaktionen auszahlen kann, um eine ganzheitliche Schutzunterstützung zu gewährleisten.

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