Viele der wichtigsten Empfehlungen in den abschließenden Bemerkungen des Ausschusses gegen Folter (CAT), die am 29. und 30. November 2017 angenommen wurden, beziehen sich auf Fragen, die in dem Bericht enthalten sind, den Antigone Onlus mit Unterstützung der World Organisation Against Torture erstellt hat.
In Ihrem Bericht bot Antigone dem Ausschuss einen detaillierten Überblick sowohl über das Haftsystem, als auch über die Einwanderungspolitik Italiens.
Folter und überfüllte Zellen
Der erste Punkt, den der Ausschuss behandelt, ist das Verbrechen der Folter; das CAT betont, dass die Definition des Verbrechens der Folter, das schließlich in das italienische Strafgesetzbuch aufgenommen wurde, aufgrund der zusätzlichen Elemente wesentlich enger gefasst ist als in Artikel 1 des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen Folter und stimmt darin deutlich mit der Einschätzung von Antigone überein. Darüber hinaus ist das CAT mit der auf 18 Jahre festgesetzten Verjährungsfrist des italienischen Gesetzes für diese Straftat nicht einverstanden.
Zweitens bringt das CAT seine Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass Italien noch keine unabhängige nationale Menschenrechtsinstitution eingerichtet hat. Dieser Schritt sei aber notwendig, um sicherzustellen, dass der Staat seine internationalen Verpflichtungen und insbesondere die vor 20 Jahren verabschiedeten Pariser Grundsätze einhält.
Der Ausschuss erörtert unter anderem auch die Haftbedingungen in Italien. Er weist darauf hin, dass eine ganze Reihe von Gefängnissen bei der Belegung die Höchstkapazität weit überschreitet und dass sich gleichzeitig 35% der Häftlinge in Untersuchungshaft befinden. Der Ausschuss bringt auch seine Besorgnis über die Existenz willkürlicher Inhaftierungspraktiken, wie etwa missbräuchlicher Leibesvisitationen, zum Ausdruck und fordert eine Überprüfung der Vorschriften über die Videoüberwachung in Haftanstalten, um sicherzustellen, dass diese mit dem Völkerrecht in Einklang stehen.
Der Ausschuss verwies auch auf Berichte, wonach Häftlinge bei der Ausübung ihrer Grundrechte Probleme haben, das betrifft unter anderem das Recht, einen Angehörigen über eine Inhaftierung zu informieren oder einen Anwalt eigener Wahl bzw. einen Dolmetscher hinzuzuziehen.
Menschenrechte auf See
In seinem Bericht beleuchtet Antigone auch einige Aspekte der italienischen Einwanderungsgesetzgebung und -politik. Die Bedenken beziehen sich vor allem auf das so genannte Minniti-Gesetz und die Vereinbarungen der Regierung mit den libyschen Behörden. Laut Antigone hat das Minniti-Gesetz den Rechtsschutz von Asylsuchenden geschwächt, insbesondere im Hinblick auf den Grundsatz der Nichtzurückweisung; dies zeigt sich besonders deutlich bei Ablehnungen und Abschiebungen in Staaten, in denen systematische Menschenrechtsverletzungen begangen werden, wie im Sudan oder in Libyen. In seinen abschließenden Bemerkungen erkennt der Ausschuss diese Bedenken an und verweist beispielsweise auf das von den italienischen und sudanesischen Polizeibehörden im Jahr 2016 unterzeichnete Abkommen, das zur Rückführung sudanesischer Staatsangehöriger führte, die nach eigener Angabe einer verfolgten Minderheit angehörten.
Nachdem das CAT die Informationen der italienischen Regierung über die Absichtserklärung, die sie mit der libyschen Regierung unterzeichnet hat, zur Kenntnis genommen hatte, beklagte das CAT in seinem Bericht, dass es in diesem Abkommen keine Bestimmung gibt, die die Zusammenarbeit und die Unterstützung von der Achtung der Menschenrechte abhängig macht, oder dass Italien das Abkommen im Falle schwerwiegender Menschenrechtsverletzungen beenden oder revidieren könnte. Italien darf die Berichte über die Übergriffe bewaffneter Männer, von denen man annimmt, dass sie der libyschen Küstenwache angehören und über die schrecklichen Zustände in Haftanstalten unter der Kontrolle des libyschen Ministeriums zur Bekämpfung der illegalen Migration nicht ignorieren.
Der Ausschuss befasst sich auch mit der Problematik der "Hotspots" und der Aufnahmezentren für Asylbewerber, unbegleitete Kinder und irreguläre Migranten, wobei er seine Besorgnis über die Berichte über unzumutbare Lebensbedingungen und den übermäßigen Einsatz von Gewalt durch die Polizei bei der Abnahme der Fingerabdrücke von Migranten zum Ausdruck bringt. Auch darin stimmt das CAT mit dem Bericht von Antigone überein, in dem auch grundsätzlich auf das Fehlen eines klaren Rechtsrahmens für den Ansatz der Hotspots verwiesen wird. Darüber hinaus unterstreicht das CAT die Notwendigkeit klarer Leitlinien für die Verfahren und die Aufteilung der Zuständigkeiten bei der Identifizierung von Schutzbedürftigen bzw. von Personen, die internationalen Schutz benötigen.