Die Kommentare des Lord Chief Justice of England and Wales stammen von einem Vortrag vom 28. September während der traditionellen Rechtspraaklezing in Utrecht.

In Amerika spricht der Präsident von "sogenannten Richtern" und in Polen ist der Justiz die Unabhängigkeit entzogen worden. "Hätte in England und Wales jemals jemand gedacht, dass Richter dort als "Feinde des Volkes" bezeichnet werden würden und, dass die Exekutive sie nicht verteidigen würde?" fragte Lord Thomas die Teilnehmer des Gerechtigkeitstages in TivoliVredenburg.

Genau das ist den höchsten Richtern in England und Wales im vergangenen Jahr passiert. Der Hohe Gerichtshof hat entschieden, dass der Brexit nur mit Genehmigung des Parlaments weiter vorangetrieben werden darf. Die Daily Mail nannte die Richter, darunter auch Lord Thomas, daraufhin "Feinde des Volkes" - "eine Phrase, die auch schon bei Robespierre, Lenin und anderen Diktatoren sehr beliebt war", bemerkt Lord Chief Justice John Thomas.

Verteidigung der Judikative

"Allerdings konnte das Scheitern der Exekutive nicht ohne Kritik bleiben, ich sagte der Judikative, dass ich, wenn der Fall abgeschlossen und die Zeit gekommen ist, über die Zukunft sprechen werde. Ich habe dies in eindeutigen Worten getan, als ich unserem Parlament erläuterte, warum es so schädlich war, dass es die Exekutivmacht versäumt hat, durch den Minister, die Judikative zu verteidigen.

Lord Thomas äußerte die Auffassung, dass sich die verschiedenen Gewalten des Staates gegenseitig unterstützen sollten, wenn eine von ihnen falsch und unhaltbar beschuldigt werde. Der Lord Chief Justice konnte sich nicht verteidigen, als der High Court of Justice wegen dem Brexit-Urteil angegriffen wurde, denn die Regierung hatte bereits ein Berufungsverfahren eingeleitet.

Digitale Revolution

Es ist Zeit für die Justiz, die notwendigen Schritte zu unternehmen, um sich gegen Angriffe auf die Rechtsstaatlichkeit zu verteidigen, sagt Lord Thomas. Zuerst sollte die Justiz zeigen, dass sie eine starke Führung hat:

"[Dies] könnte unter den Richtern kurzfristig nicht besonders beliebt sein. Aber ohne eine starke Führung, die bereit ist, radikale Veränderungen vorzunehmen, ist die Judikative zurzeit sehr anfällig für Versuche sie zu untergraben oder zu marginalisieren.

"Der "radikale Wandel" sollte aus der digitalen Revolution kommen. Die Führung der Justiz würde einen schwerwiegenden Fehler machen, wenn sie die Digitalisierung der Justizverwaltung behindern würde, meint der Lord Chief Justice. Auch weil "jene, die die Justiz untergraben wollen, immer ein offenes Ohr bei den Leuten gefunden haben, die Gründe für die Annahme haben, ein Justizsystem sei langsam, kostspielig und ineffizient."

Erklärungen

Im Kampf gegen die Erosion der Rechtsstaatlichkeit müssen die Richter gute Erklärungen geben, in einer klaren Sprache, die leicht verstanden werden kann. Sie sollten auch erklären, warum Justiz wichtig ist. "Die Richter müssen eine aktive Rolle bei der Erziehung der Jugend über die Bedeutung der Judikative spielen. [...]Richter brauchen eine proaktive Medienstrategie und müssen sich mit den Medien beschäftigen - die niederländische Justiz hat bereits gezeigt, wo es langgeht."

Prinzipien

Die Richter müssen immer bereit sein, sich grundsätzlich festzuhalten und zu kämpfen, um ihre eigene Unabhängigkeit und die Freiheiten, auf denen unsere Demokratien beruhen, zu verteidigen, sagte Lord Chief Justice John Thomas zum Abschluss seines Vortrags.

"Das wird niemals einfach sein, aber vielleicht wären wir auch niemals Richter geworden, wenn wir uns für ein leichtes Leben entschieden hätten. Der Preis, den wir zahlen müssen, könnte hoch sein, aber Mut, Unabhängigkeit und Kohäsion werden am Ende sicherstellen, dass die Richter erfolgreich ihrer Pflicht, die Rechtsstaatlichkeit zu wahren, nachkommen können, egal wie schwierig und unangenehm das sein kann."

Quelle: rechtspraak.nl