In Frankreich ist politische Werbung stark reguliert, trotzdem gewinnen die Rechtsextremen an Zulauf

Wahlbeobachtung zur Europawahl 2024

by Miles Hoeckel

Eine neue Studie von VoxPublic zeigt, dass auch Frankreich mit seinen als vorbildlich geltenden strengen Regeln für Wahlkampffinanzierung und politische Werbung nicht immun gegen Rechtsextremismus in Europa ist. Die Algorithmen der sozialen Medien könnten eine Rolle spielen.

Große Gewinne für die extreme Rechte

Wie in vielen anderen europäischen Staaten hat die extreme Rechte auch in Frankreich in den letzten Jahren stark Fuß gefasst und die Wählerinnen und Wähler mit emotionalen Appellen zur Einwanderung und anderen brisanten Themen für sich gewonnen. Bei den Wahlen zum Europäischen Parlament 2024 gewannen die Rechtsextremen 35 von 81 Sitzen und damit die meisten Sitze im Vergleich zu den konkurrierenden Koalitionen. Dies ist zum Teil auf die Zersplitterung der französischen Medienlandschaft, den Rückgang des Qualitätsjournalismus und die Tatsache zurückzuführen, dass soziale Medienplattformen in der Regel polarisierende Inhalte in den Feeds der Zuschauer/innen bevorzugen.

Der Einfluss der sozialen Medien unter den strengen französischen Wahlkampfregeln

Obwohl politische Online-Werbung in Frankreich während der offiziellen Wahlkampfzeit verboten ist, haben soziale Medien nach wie vor einen großen Einfluss. Politikerinnen und Politiker haben oft eine große Fangemeinde, die es ihnen ermöglicht, mit der Öffentlichkeit in Kontakt zu treten und indirekt Einfluss auf das Wahlkampfnarrativ zu nehmen. Trotz Facebooks Status als führendes soziales Netzwerk in Frankreich und seiner Rolle als wichtige Plattform für die politische Mobilisierung gaben jedoch nur 14,6 Prozent der Befragten an, sich während des Wahlkampfs 2022 mit wahlkampfbezogenen Inhalten auf Facebook beschäftigt zu haben.

Die Behörden wollen die Integrität der Wahlen wahren, indem sie sowohl offenes als auch verdecktes politisches Marketing streng überwachen, so dass größere Verstöße gegen das Werbeverbot selten sind. Dieser strenge Regulierungsrahmen schafft ein einzigartiges Umfeld, in dem sich Politiker/innen eher auf organisches Engagement als auf direkte Werbekampagnen verlassen, um ihre Zielgruppen zu erreichen.

Eingeschränkte Nutzung von Facebook- Ads, aber die Rechtsextremen gehen voran

Laut einer Studie von VoxPublic haben sich die französischen Parteien im Allgemeinen an das Werbeverbot während des Wahlkampfs gehalten, wobei politische Anzeigen auf Facebook in der Regel eine untergeordnete Rolle in ihren Strategien spielten. Seit 2019 haben die Parteien nur 300.000 Euro für Facebook-Werbung ausgegeben, was nur einen Bruchteil ihres gesamten Wahlkampfbudgets ausmacht. Die rechtsextreme Partei Rassemblement National (RN) war der Hauptproduzent von politischer Werbung auf Facebook, da Persönlichkeiten wie Marine Le Pen und Jordan Bardella von ihrer großen Fangemeinde in den sozialen Medien profitierten. Angesichts des polarisierenden Charakters der Algorithmen in den sozialen Medien ist es wahrscheinlich, dass es rechtsextremen Parteien auch in Zukunft leichter fallen wird, ihr Publikum zu erreichen - sowohl organisch als auch durch bezahlte Werbung - als ihren gemäßigten Gegnern.

Über das Forschungsprojekt

Das Forschungspapier von VoxPublic wurde als Beitrag zum Projekt „Electoral Integrity and Political Microtargeting: An Evidence-Based Analysis in Six EU Member States“ erstellt, das von der Civil Liberties Union for Europe (Liberties) koordiniert wurde. Das Forschungsprojekt beobachtete politische Online-Werbung im Vorfeld der Wahlen zum Europäischen Parlament 2024 in sechs EU-Ländern: Bulgarien (BHC), Frankreich (VoxPublic), Deutschland (Reset Tech), Ungarn (HCLU), Polen (PAF) und Spanien (Xnet), unterstützt von Who Targets Me (WTM) als technischem Partner. Das Projekt stützte sich hauptsächlich auf Daten, die während des Wahlkampfs zum Europäischen Parlament aus politischen Anzeigen politischer Organisationen auf Facebook gesammelt wurden. Die Forscherinnen und Forscher untersuchten, ob die politischen Akteure die nationalen Wahlkampfregeln und die europäischen Datenschutzbestimmungen einhielten, indem sie die Daten analysierten, die von den Bürgerinnen und Bürgern freiwillig über eine datenschutzfreundliche Desktop-Browser-Erweiterung zur Verfügung gestellt wurden. Das Projekt wurde von Civitates und den Open Society Foundations kofinanziert.

Ressourcen

VoxPublic’s research brief (English)

Im Gespräch mit VoxPublic, Frankreich | Wahlbeobachtungsgespräche

Mehr zu VoxPublic

Weitere Ressourcen des Projekts

Bulgariens EU-Wahlen 2024: Problematische Targeting-Techniken und Gesetzeslücken

Who tries to influence your vote on Facebook?

Die Dominanz der Regierungspartei: Wie Ungarns Medienlandschaft die Staatsmacht zementiert


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