Technologie & Rechte

Die Dominanz der Regierungspartei: Wie Ungarns Medienlandschaft die Staatsmacht zementiert

Wahlbeobachtung zur Wahl des Europaparlaments 2024

by Miles Hoeckel

Aktuelle Untersuchungen der Hungarian Civil Liberties Union (HCLU) zeigen, wie sehr die politische Werbung in Ungarn von den dominierenden politischen Kräften geprägt wird, insbesondere in den sozialen Medien. Die Narrative der herrschenden Kräfte dominieren in den Medien und während der Wahlzyklen, wobei die Regulierungsbehörden entweder unfähig oder nicht willens sind, für faire Verhältnisse zu sorgen. Infolgedessen ist die staatliche Kontrolle der politischen Werbung weitgehend unkontrolliert.

Erdrutschsiege im Jahr 2024 - aber das ist nichts Neues

Im Jahr 2024 hat die rechtsgerichtete Regierungskoalition in Ungarn sowohl bei den Kommunalwahlen als auch bei den Wahlen zum Europäischen Parlament einen überwältigenden Sieg über die Oppositionsparteien errungen - ein Ergebnis, das seit 2010 bei jeder Wahl zu beobachten war. Während der gesamten Zeit der Dominanz der Regierungspartei war die links-liberal-grüne Koalition zersplittert und unterfinanziert. Dieses Ungleichgewicht hat Fragen nach der Fairness der Wahlen aufgeworfen, insbesondere angesichts der lockeren Regeln für die Wahlkampffinanzierung.

Facebook: Die neue Front staatlicher Informationspolitik

Bei den letzten Wahlen und insbesondere im Jahr 2024 ist Facebook zu einer wichtigen Ressource für Online-Kampagnen und Politiker geworden, um ein breites Publikum von Bürgern zu erreichen. Besonders die Oppositionsparteien konzentrieren ihre Bemühungen auf Facebook, da sie aufgrund mangelnder Ressourcen keine Möglichkeit haben, über traditionelle Kanäle zu kommunizieren.

Allerdings waren die Regierungsparteien mit ihren Facebook-Werbekampagnen weitaus erfolgreicher als die Opposition, wie die große Reichweite ihrer Anzeigen zeigt. Die Anzeigen der Regierungspartei konzentrierten sich auf Botschaften über Krieg und Frieden im Zusammenhang mit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine und spiegelten damit ihre Strategie in den traditionellen Medien wider. Die immensen Ressourcen, die Orbán und seiner Koalition zur Verfügung standen, sorgten dafür, dass die Anzeigen der Opposition in der Flut regierungsfreundlicher Botschaften untergingen.

Intransparenz und ungleich verteilte Mittel: Ein Hindernis für die Demokratie?

Kritiker des derzeitigen Rechtsrahmens für Wahlkampffinanzierung und Werbeausgaben argumentieren, dass der Status quo fast ausschließlich die Regierungspartei fördert und begünstigt und damit aktiv verhindert, dass Kampagnen der Opposition bei den Wählern Fuß fassen können.
Ermöglicht wird dies durch eine bewusst undurchsichtige Werbefinanzierung und das völlige Fehlen von Ausgabenobergrenzen bei Europa- und Kommunalwahlen. Dieses System begünstigt natürlich den Wahlkampf, der die meisten Mittel erhält, und nicht unbedingt die Kandidaten, die bei den Wählern am besten ankommen.

Wie können faire Wahlen in Zukunft gewährleistet werden?

Angesichts der Tatsache, dass die Regierungspartei ihre Macht massiv ausgebaut und zentralisiert hat, ist die Notwendigkeit einer Regulierung der Wahlen offensichtlich. Um das Wahlumfeld in Ungarn so zu verbessern, dass es demokratische Werte besser widerspiegelt, empfiehlt die HCLU die Einführung von Ausgabenobergrenzen für alle politischen Kampagnen und mehr Transparenz bei politischen Ausgaben. Ohne eine solche Reform werden die ungarischen Wahlen wahrscheinlich auch in Zukunft asymmetrisch bleiben. Dies gefährdet die Gesundheit der Demokratie und untergräbt die Möglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger, ihre Stimme abzugeben.

Hintergrund der Untersuchung

Die hier vorgestellte Analyse des bulgarischen Helsinki-Komitees (BHC) ist ein Beitrag zu dem Projekt „Electoral Integrity and Political Microtargeting: An Evidence-Based Analysis in Six EU Member States“, das von der Civil Liberties Union for Europe (Liberties) koordiniert wird. Das Forschungsprojekt beobachtete die politische Online-Werbung im Vorfeld der Wahlen zum Europäischen Parlament 2024 in sechs EU-Ländern: Bulgarien (BHC), Frankreich (VoxPublic), Deutschland (Reset Tech), Ungarn (HCLU), Polen (PAF) und Spanien (Xnet), unterstützt von Who Targets Me (WTM) als technischem Partner. Das Projekt stützte sich in hauptsächlich auf Daten, die während des Wahlkampfs zum Europäischen Parlament aus Anzeigen politischer Organisationen auf Facebook gesammelt wurden. Die Forscherinnen und Forscher untersuchten, ob die politischen Akteure die nationalen Wahlkampfregeln und die europäischen Datenschutzbestimmungen einhalten, indem sie Daten analysierten, die von den Bürgerinnen und Bürgern freiwillig über eine datenschutzfreundliche Desktop-Browser-Erweiterung zur Verfügung gestellt wurden. Das Projekt wurde von Civitates und den Open Society Foundations kofinanziert.

Weitere Ressourcen:

HCLU’s research brief (English, short version)

Im Gespräch mit HCLU, Ungarn | Wahlbeobachtungsgespräche

HCLU Homepage

Weitere Ressourcen aus dem Projekt

Bulgariens EU-Wahlen 2024: Problematische Targeting-Techniken und Gesetzeslücken

Who tries to influence your vote on Facebook?

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