Technologie & Rechte

Enthüllung zur EU-Wahl: Wer will deine Stimme auf Facebook beeinflussen?

Eine evidenzbasierte Analyse zum Thema Wahlintegrität und politisches Microtargeting in sechs EU-Mitgliedstaaten.

by Megan Kirkwood

Die Civil Liberties Union for Europe (Liberties) untersucht gemeinsam mit sechs Organisationen aus Ungarn, Polen, Bulgarien, Deutschland, Frankreich und Spanien, wie sich gezielte politische Werbung auf den demokratischen Diskurs auswirkt und zu Informationssilos und Polarisierung führen kann.

Die Studie wird sich auf politische Werbung bei den die im Juni anstehenden Wahlen zum Europäischen Parlament konzentrieren. Während des Wahlkampfes werden wir von Nutzern gespendete Daten sammeln. Die freiwillig herunterladbare Desktop-Browsererweiterung Who Targets Me liefert den Nutzern Informationen darüber, wer sie mit politischer Werbung anspricht. Indem wir die politischen Anzeigen in Metas Facebook-Anzeigenbibliothek und die von den Nutzern gespendeten Daten nachverfolgen, können wir prüfen, ob die politischen Akteure die nationalen Wahlkampfregeln und die allgemeinen Datenschutzvorschriften, wie zum Beispiel die Allgemeine Datenschutzverordnung (DSGVO) einhalten. Mit dieser Methode können wir auch Plattformen wie Meta unter die Lupe nehmen, die an die DSGVO sowie an neue Vorschriften wie das Gesetz über digitale Dienste (DSA) gebunden sind. Obwohl die Verordnung über die Transparenz und das Targeting politischer Werbung (TTPA) bei diesen Wahlen noch nicht vollständig in Kraft ist, gibt es eine Reihe von Richtlinien, an die sich die Big-Tech Unternehmen halten müssen, um dem DSA zu entsprechen, weil dieser bereits viele der Bestimmungen des TTPA enthält.

Warum Meta?

Meta, die zweitgrößte digitale Werbeplattform der Welt, ist schon lange die beliebteste Werbeplattform für politische Akteure in Europa. In verschiedenen Ländern, darunter Polen, Ungarn, Bulgarien, Frankreich und Spanien, ist Facebook laut dem 2023 Digital News Report von Reuters die beliebteste Plattform für den Konsum von Nachrichten und Medien. In Deutschland ist es die drittbeliebteste App, über die die Menschen ihre Nachrichten beziehen. Außerdem ermöglicht Meta ein detaillierteres Targeting als Google, wo nur geografisches Targeting, Alter, Geschlecht und kontextbezogenes Targeting wie die Verwendung von Schlüsselwörtern zu bestimmten Themen für Websites, Apps, Seiten und Videos möglich sind. Auch wenn Werbekunden aus der Politik die detaillierte Targeting-Option von Meta nicht nutzen dürfen, können sie benutzerdefinierte Zielgruppen erstellen, indem sie Website- oder App-Traffic verknüpfen oder Kundenlisten direkt auf Meta hochladen. Politische Werbetreibende können auch ähnlich Zielgruppen (sogenannte lookalike audiences) ansprechen, wobei Informationen wie Demografie, Interessen und Verhaltensweisen einer bestimmten Quellzielgruppe genutzt werden, um mehr Menschen zu erreichen. Diese Art von Targeting stützt sich auf eine Vielzahl von Daten, manchmal sogar auf persönliche und sensible Daten, um die Demografie und das Verhalten der Nutzer*innen zu ermitteln, wodurch eine erhebliche rechtliche Grauzone entsteht. Wenn die persönlichen Daten eines Bürgers oder einer Bürgerin für das Targeting verwendet werden, muss er oder sie gemäß der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) zumindest ausdrücklich und freiwillig zustimmen. Wir vermuten, dass dies in den meisten Fällen nicht der Fall ist.


Hinzu kommt, dass Meta in der Vergangenheit immer wieder damit aufgefallen ist, dass politische Anzeigen falsch gefiltert wurden. Eine Studie von AI Forensics hat unlängst ergeben, dass Metas Moderationssystem weniger als 5 % der nicht gemeldeten politischen Anzeigen abfängt. Das bedeutet, dass Werbetreibende, die versuchen, detailliertes Targeting einzusetzen, mit diesem Regelverstoß aller Wahrscheinlichkeit nach auch durchkommen werden. Und selbst wenn das nicht der Fall ist, können Werbetreibende mit den vorhandenen Tools Mikrotargeting betreiben, d. h. politische Werbung auf bestimmte Nutzer*innen zuschneiden und so versuchen, Wähler*innen zu beeinflussen. Unsere Untersuchung wird nur Anzeigen einbeziehen, die korrekt als politisch gekennzeichnet sind. Wir werden die umfangreichen Microtargeting-Methoden untersuchen, die Meta legitimerweise auf Facebook zulässt.

Warum ist das wichtig?

Dieser Ansatz der Zielgruppenansprache hat negative Folgen. Das gilt besonders kurz vor Wahlen. Politische Werbung ist am effektivsten bei unentschlossenen Wähler*innen, den sogenannten Wechselwähler*innen, und spricht sie mit spezifischen Botschaften an, die widersprüchliche Wahlversprechen enthalten können. Liberties hat in Zusammenarbeit mit der Europäischen Partnerschaft für Demokratie die Gefahren von Informationssilos und widersprüchlicher Wahlwerbung angeprangert und dazu reale Beispiele in der EU untersucht. All dies bedroht die Demokratie, die darauf angewiesen ist, dass die Bürgerinnen und Bürger Zugang zu verlässlicher Information haben, damit sie sich in der Politik zurechtfinden.

In unserem Projekt werden wir beobachten, ob Politiker*innen die Targeting-Optionen auf Meta nutzen und die nationalen Wahlkampfgesetze während der Wahlen zum Europäischen Parlament einhalten. Das ist wichtig, denn es wurde festgestellt, dass Politiker*innen aus verschiedenen Ländern die Gesetze umgehen, indem sie räuberische Methoden anwenden, um Stimmen zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Dadurch werden demokratische Prozesse untergraben, die wiederum eine Voraussetzung für freie und faire Wahlen sind.

Außerdem werden wir überwachen, ob Meta die gesetzlichen Anforderungen erfüllt. Obwohl das TTPA noch nicht in Kraft ist, werden wir die EU-Kampagne mit den TTPA-Regeln vergleichen, um weitere Empfehlungen zum TTPA und zur Regulierung der politischen Werbung im Allgemeinen zu geben. Wir werden auch darauf achten, ob Meta den DSA einhält, insbesondere die Artikel 34-35 zur Risikobewertung und -minderung. Dabei konzentrieren wir uns auf die von der Europäischen Kommission veröffentlichten Leitlinien zur Risikominderung und darauf, wie genau Meta diese Maßnahmen anwendet. Meta muss die Gesetze einhalten, insbesondere Gesetze, die den Online-Raum sicherer machen und die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger schützen.

Partnerorganisationen:

Bulgarien - Bulgarian Helsinki Committee

Frankreich - VoxPublic

Ungarn - Hungarian Civil Liberties Union

Deutschland - Reset

Polen - Responsible Politics Foundation

Spanien - Xnet

Technik-Partner - Who Targets Me


Donate to liberties

Gemeinsam machen wir den Unterschied

Wenn viele sich zusammenschließen, besiegen wir die wenigen, die denken, sie hätten die ganze Macht. Schließ dich uns an, es geht um Rechte für uns alle.

Mach mit beim Schutz unserer Freiheiten

Wir haben
► Den größten Fonds für Demokratieinitiativen in der EU geschaffen
► Neue Befugnisse geschaffen, um Autokraten die EU
► Finanzierung zu entziehen
► neue EU-Regeln verfasst, um Journalisten und Aktivisten vor Scheinklagen zu schützen

► Über 400 Menschenrechtsverteidiger/innen ausgebildet, um die Kampagnen, die dir am Herzen liegen, zu unterstützen.


Weitere Meilensteine

Gemeinsam machen wir den Unterschied

Wenn viele sich zusammenschließen, besiegen wir die wenigen, die denken, sie hätten die ganze Macht. Schließ dich uns an, es geht um Rechte für uns alle.

Aboniere den Newsletter, um

dabei zu sein

Warum sollte ich?

Du bekommst die neuesten Berichte vor allen anderen!

Du kannst miterleben, wie wir uns für Deine Rechte einsetzen!

Du wirst sehen, was wir erreicht haben!

Zeig mir ältere Ausgaben des Newsletters