Es ist noch gar nicht lange her, da war Künstliche Intelligenz (KI) ein Science-Fiction-Thema. Raumschiff-Kapitäne nutzten sie, um durch Wurmlöcher zu navigieren oder um mit anderen Spezies, die ihnen in den Weiten des Universums begegneten, zu kommunizieren. Heute sind wir alle irgendwie Raumschiffkapitäne. Wir nutzen KI, um ganz alltägliche Probleme zu lösen - um den schnellsten Weg von unserer Wohnung zur Arbeit zu finden, um Webseiten in einer anderen Sprache zu lesen, um nach Informationen zu suchen, die wir brauchen, und für eine Vielzahl anderer Zwecke.
Man hört immer wieder den Lobgesang, der Einsatz von Künstlicher Intelligenz mache vieles einfacher und weniger zeitaufwändig. Das hat jedoch seinen Preis, denn KI birgt große ethische, soziale und rechtliche Herausforderungen und Gefahren für unsere Gesellschaft. Diese Herausforderungen und Bedrohungen müssen sorgfältig bedacht, entschärft und in einigen Fällen sogar beseitigt werden.
Was also ist KI?
Wenn wir von "KI" sprechen, meinen wir Algorithmen, die menschliche Intelligenz simulieren, indem sie Verhaltensweisen wie "Lernen" und "Problemlösen" nachahmen. Die "normalen" Computerprogramme, die wir benutzten, als höchstens Commander Spock Zugang zur KI hatte, wurden von einem schlauen Programmierer geschrieben und das war's dann auch schon - der Code veränderte sich nicht selbst. KI-basierte Programme sind anders: Sie werden von Wissenschaftlern auf riesigen Datensätzen "trainiert" und erwerben während dieses Trainings neue Funktionen und Fähigkeiten.
Schauen wir uns also einmal 10 Möglichkeiten an, wie sich künstliche Intelligenz auf unseren Alltag auswirkt oder wahrscheinlich bald auswirken wird, und zwar im Guten wie im Schlechten.1. Technologie zur Gesichtserkennung
Gesichtserkennungstechnologie ist mittlerweile zu einem Teil unseres Alltags geworden, entweder durch Überwachungskameras an öffentlichen Plätzen oder durch Gesichtserkennungstechnologien, die mit Smartphones geliefert werden. In Smartphones dient die KI-Funktion normalerweise dazu den Zugang zu Sperren bzw. zu Entsperren. Die Daten verlassen dein Gerät nicht, sie sind nur dazu da, dir die Eingabe eines Passworts oder Codes zu ersparen. Das klingt doch ganz harmlos, oder? Stimmt schon, es könnte schlimmer sein, aber harmlos ist es sicher nicht. Jemand könnte dein Telefon entsperren, wenn du schläfst, indem er oder sie das Gerät einfach vor dein Gesicht halten. Die Technologie kann umgangen werden, sodass die auf deinem Telefon gespeicherten Daten für Unbefugte zugänglich werden. Außerdem kann sie das Scannen von Gesichtern zur Normalität machen, so dass die Vorstellung, dass dein Gesicht von anderen gescannt wird, immer weniger beunruhigend erscheint.
In Verbindung mit Videoüberwachungsanlagen, sogenannten CCTVs, wird die Technologie meist mit "Sicherheitsbedenken" gerechtfertigt. Es gibt Zweifel an der Wirksamkeit der Technologie bei der Verbrechensbekämpfung. Aber selbst ein perfekt funktionierendes Gesichtserkennungssystem, das keine systemische Diskriminierung mit sich bringt (wie es bei unseren derzeitigen Systemen der Fall zu sein scheint), wäre inakzeptabel. Solche Systeme bedrohen die Privatsphäre, das Recht auf Anonymität und die persönliche Freiheit. Man kann kein gutes Leben führen, wenn man ständig überwacht wird, man kann seine möglicherweise kontroversen oder regierungskritischen Ansichten nicht frei äußern und teilen, man kann nicht einfach man selbst sein.
2. Sexroboter/Sexbots
Auch wenn du wahrscheinlich noch keinen Sexroboter in der Realität gesehen hast, KI-gesteuerte Sexspielzeuge kommen jetzt auf den Markt. Den Erfindern und Herstellern zufolge sind solche Spielzeuge harmlos und können sogar therapeutisch wirken. Manche glauben, dass solche Roboter sexuelle Belästigung und andere damit zusammenhängende Straftaten verhindern, indem sie Männern und Frauen eine Möglichkeit bieten, ihren unmäßigen Trieben freien Lauf zu lassen.
Wissenschaftler und Experten, z. B. vom St. George's University Hospitals National Health Service (NHS) in London und dem Women's Health Academic Centre am King's College London, warnen jedoch, dass es für solche optimistischen Ansichten keinerlei wissenschaftliche Belege gebe. Es könnte durchaus sein, dass die Verbreitung solcher Roboter Vergewaltigungen normalisiert. Außerdem stellen Sexroboter eine große Gefahr für die Privatsphäre und die Anonymität dar und bergen das Risiko, zum Objekt von Cyber-Hacks und Cyber-Erpressungen zu werden.
3. Roboterköche
Ob du es glaubst oder nicht, auch Roboterköche sind bereits auf dem Markt. Gegenwärtig ist die Technologie noch nicht gerade billig, aber in den nächsten Jahren könnte sie sich durchsetzen, so wie sich die automatischen Kassen in den Supermärkten durchgesetzt haben. Wusstest du übrigens, dass die Frau des Mannes, der den Geldautomaten erfunden hat, seine Erfindung nie benutzt, sondern ihr Geld lieber in einer Bankfiliale abholt? Die Technologie mag die Dinge schneller machen, aber das Fehlen zufälliger menschlicher Interaktionen kann der Qualität unseres Lebens abträglich sein. Die Technologie könnte eine ganze Reihe von Menschen im Hotel- und Gaststättengewerbe überflüssig machen, und für die wenigen Arbeitsplätze, die übrig bleiben, könnten Berufsrisiken und damit verbundene rechtliche Probleme zunehmen.
Das größte Problem dürfte allerdings der Datenschutz sein. Was passiert, wenn Sensoren und Kameras, die Daten in das automatisierte System einspeisen, sensible persönliche Daten von Kunden und/oder Mitarbeitern aufzeichnen? Wenn man eine solche Anpassung zulässt, könnte das bedeuten, dass wichtige medizinische Daten wie Allergien oder Krankheiten, für die absolute Vertraulichkeit die einzig akzeptable Lösung wäre, erfasst werden.
4. Personalisiertes Einkaufen
Woher weiß Amazon, dass ich gerade darüber nachdenke, dieses Paar weiße Nikes zu kaufen? KI-Technologie wird von vielen Online-Shops eingesetzt, um maßgeschneiderte Empfehlungen für den Kunden zu erstellen. Die Websites erfassen deinen Browserverlauf, deine Vorlieben und Interessen und verfolgen auch deine Aktivitäten auf den Apps und Websites anderer Unternehmen. Mithilfe von KI können Marken intelligenter und effizienter Petabytes von Daten durchsuchen, um das Kundenverhalten vorherzusagen und den einzelnen Verbrauchern relevante und hilfreiche Empfehlungen zu geben.
Dieses Maß an Intelligenz ist wichtig, um dem Verbraucher ein personalisiertes Einkaufserlebnis zu bieten. Ist das eine gute Sache? Es ist auf jeden Fall sehr bequem. Es ist aber auch sehr besorgniserregend, wie viele Daten Tech-Unternehmen über uns sammeln und wie sich ihr Profiling, gepaart mit finanziellen Interessen, gegen uns wenden kann. Willst du nicht auch mal über den Tellerrand schauen und mutige Kleidungsentscheidungen treffen? Wie wäre es z. B. mit neonpinken Vans mit Zebramuster?
5. Digitale Sprachassistenten
Digitale Sprachassistenten sind ein Tool, das wir alle ab und zu benutzen und das in den meisten Smartphones zu finden ist. Sie ermöglichen es den Nutzer*innen, per Sprachbefehl zu suchen und Informationen per Sprachsynthese abzurufen. In vielen Haushalten in der ersten Welt gibt es auch separate digitale Sprachassistenten, die zum Ein- und Ausschalten des Radios, zum Bestellen von Zugtickets oder zum Versenden von Nachrichten an Verwandte und Bekannte genutzt werden.
Allerdings ist deren Nutzung alles andere als sicher. Es gibt Berichte über digitale Sprachassistenten, die 1.700 persönliche Audiodateien an einen anderen Benutzer gesendet oder ein privates Gespräch aufgezeichnet und ohne Erlaubnis an eine zufällige Nummer aus dem Adressbuch gesendet haben.
6. Smart Homes
Wie die Telefone werden auch die Wohnräume immer "intelligenter". Unsere Thermostate analysieren unsere Vorlieben und täglichen Gewohnheiten, so dass wir, wenn wir nach Hause kommen, von unserer Idealtemperatur begrüßt werden. Manche Kühlschränke erstellen Listen mit dem, was du brauchst, und geben dir Weinempfehlungen, die zu deinem Abendessen passen. Und natürlich können die sprachgesteuerten digitalen Assistenten mit deinen smarten Systemen und Geräten verbunden werden, so dass du "es werde Licht" sagen kannst und mehr Licht bekommst.
Smart Homes können aber auch gefährlich sein. Eine Heizung, die mit einem manuellen Drehregler funktioniert, kann nicht geknackt werden. Eine Heizung, die mit dem Internet verbunden ist, schon. Dein alter Kühlschrank kann nichts anderes tun, als dein Essen kalt zu halten. Dein intelligenter Kühlschrank könnte nebenbei und ohne dein Wissen Kryptowährungen minen.7. E-Mails und Nachrichten verschicken
Viele von uns verschicken jeden Tag mindestens eine (oder mehrere) E-Mails und vielleicht auch mehr als nur ein paar Textnachrichten. KI-basierte Textvorhersagefunktionen helfen uns beim Verfassen unserer Nachrichten. Das führt manchmal zu lustigen Wortwechseln (du kannst ziemlich lustige Beispiele auf Bored Panda finden), aber wenn du über den Tag verteilt viele Nachrichten schreibst, macht es die Sache wirklich einfacher. Glaube aber bitte nicht, es gäbe dabei kein Risiko - die Schlüsselwörter, die dein Telefon oder dein Computer erfährt, können viel über dich verraten, wenn sie in die falschen Hände geraten.
8. Google Internetsuche
Für die meisten von uns vergeht kein Tag, an dem wir nicht bei Google nach einer Antwort oder einem Produkt suchen, auf das wir nicht verzichten können. Ohne die Hilfe von künstlicher Intelligenz könnten Suchmaschinen nicht das gesamte Internet durchsuchen und dir das Gewünschte liefern. Die Anzeigen, die dich zu verfolgen scheinen? Ja, sie werden von künstlicher Intelligenz aktiviert, basieren auf deinem Suchverlauf und sind auf dich zugeschnitten, um dir Dinge zu zeigen, von denen die Algorithmen glauben, dass sie dir gefallen.
Wenn eine Suchmaschine so dominant wird wie Google, hat sie außerdem einen enormen Einfluss darauf, welche Informationen wir finden und für relevant halten. Außerdem gewinnt sie enormen Einfluss auf andere Unternehmen, die versuchen, dir etwas zu verkaufen, denn es kann über Erfolg oder Misserfolg entscheiden, ob sie im Relevanzranking auf Platz 78 oder auf Platz 7 landen.
9. Streaming-Apps
Nach Feierabend, wenn es Zeit ist, sich zurückzulehnen und zu entspannen, wenden sich viele von uns Streaming-Diensten wie Netflix zu. Die Empfehlungsmaschine von Netflix basiert auf künstlicher Intelligenz und nutzt deinen bisherigen Fernsehverlauf, um dir Vorschläge zu machen, was du sehen möchtest (dazu gehören Genres, Schauspieler, Zeiträume und mehr). Das Tool geht sogar so weit, dass es berücksichtigt, zu welcher Tageszeit du was geschaut hast und was du wann am liebsten magst. Abgesehen davon, dass du dadurch weniger experimentierfreudig wirst, können die Empfehlungssysteme auch Risiken für dich bergen - zum Beispiel, indem sie deine sexuellen oder politischen Vorlieben für alle sichtbar machen, die einen Blick auf deinen Bildschirm werfen können.
10. Gesundheitswesen
Die Auswirkungen von KI auf das Gesundheitswesen reichen weit und greifen tief. KI könnte den Menschen helfen, gesund zu bleiben, so dass Ärzte weniger gebraucht werden: KI-gesteuerte Gesundheitsanwendungen helfen den Menschen bereits, indem sie sie zu einem gesunden Lebensstil ermutigen. Dank ihrer Fähigkeit zur Datenanalyse wird KI bereits eingesetzt, um Krankheiten, wie z. B. Krebs, genauer und in ihren frühen Stadien zu erkennen. In Verbindung mit Wearables und anderen medizinischen Geräten ermöglicht KI die Überwachung von Herzkrankheiten im Frühstadium. So können Ärztinnen und Ärzte lebensbedrohliche Vorfälle in einem frühen Stadium vorhersagen, in dem es möglich ist, sie zu verhindern. Allerdings können die Wearables sensible Informationen über deinen Gesundheitszustand (oder deinen Aufenthaltsort) preisgeben, und diese Informationen können an Orte gelangen, an denen du sie nicht haben möchtest - zum Beispiel an potenzielle Arbeitgeber.
Technologie sollte nicht generell verteufelt werden. Sie macht unser Leben einfacher, länger und glücklicher. Wir als Privatpersonen sollten uns jedoch der Risiken bewusst sein, die verschiedene Systeme für uns darstellen. Und wir sollten auch von unseren Regierungen und der EU erwarten, dass sie Regelungen einführen und durchsetzen, die unsere Rechte und unsere wichtigsten Interessen schützen.