Demokratie & Gerechtigkeit

Berlins Inklusionsproblem: Stehen Nicht-Deutsche im politischen Abseits? | Demokracy Drinks

Liberties hat Ivan Gabor, Mitbegründer von Wahlheymat, eingeladen. Wahlheymat ist neu in der Berliner NGO-Szene und möchte Berlin für Nicht-Deutsche politisch inklusiv machen. In seiner Zukunftsvision inspiriert die Vielfalt Berlins zu kreativen Lösungen

by Eleanor Brooks

Nach einer kurzen Unterbrechung der regelmäßig stattfindenden "Democracy Drinks" geht es mit dem Treffen unter Gleichgesinnten weiter. Bei strahlendem Sonnenschein genossen wir ein Bier unter freiem Himmel in einem der vielen Biergärten Berlins.

Unser besonderer Gast für diese Veranstaltung war Ivan Gabor, einer der Mitbegründer von "Wahlheymat". "Wahlheymat" wurde Ende 2023 mit dem Ziel ins Leben gerufen, Berlin für Neuankömmlinge politisch und sozial integrativer zu machen.

Während wir um ein paar zusammengeschobene Tische herum saßen, erzählte Ivan von seiner Inspiration, "Wahlheymat" zu gründen. Er zog 2016 nach Berlin und sprach über seine Eingewöhnungszeit, beschrieb aber, dass er irgendwann „an eine gläserne Wand stieß“. Er war neugierig, ob andere eine ähnliche Erfahrung gemacht hatten, und unterhielt sich mit „etwa 100 Leuten“ und stellte fest, dass es vielen genauso ging.

Berlins Demokratiedefizit beseitigen

Ivan war beeindruckt von der undemokratischen Natur des politischen Gefüges in Berlin. In der Stadt, die für ihre Vielfalt bekannt ist, sind etwa 25 % der Einwohner außerhalb Deutschlands geboren, ein weiteres Drittel davon sind EU-Bürger. Das bedeutet, dass ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung nur ein eingeschränktes oder gar kein Wahlrecht hat: EU-Bürgerinnen und -Bürger können an Kommunal- und EU-Wahlen teilnehmen, während Drittstaatsangehörige - laut Statistikamt Berlin-Brandenburg 944.000 Personen im Dezember 2023 - an keiner Wahl teilnehmen können, selbst wenn sie ihren ständigen Wohnsitz in Berlin haben.

"Wahlheymat" glaubt daran, klein anzufangen und neue Formen des Regierens einzuführen, die Deutschen und Neuankömmlingen zugute kommen. Praktische Änderungen wie die Vereinfachung der Bürokratie und die Einführung von Englisch als zweite Arbeitssprache könnten einen großen Unterschied machen. Um die politische Inklusivität zu erhöhen, schlägt "Wahlheymat" vor, die politische Steuerung auf Kiez-Ebene zu stärken. Die Stärkung kleiner Gemeinschaften verbessert die Zusammenarbeit zwischen Einheimischen und Neuankömmlingen und gibt den Einheimischen die kollektive Stärke, die Entscheidungen zu beeinflussen, die sie am meisten betreffen.

Ivan betont, dass das Verständnis für Menschen mit unterschiedlichem kulturellem Hintergrund aus allen Richtungen kommen sollte. Während sich die Politik der „Integration“ oft auf die Neuankömmlinge konzentriert, die sich an ihre neue Umgebung anpassen, ist es für die Einheimischen ebenso wichtig zu akzeptieren, dass sich die deutsche Gesellschaft auf neue und dauerhafte Weise entwickelt. Der Prozess des Wandels ist oft holprig, aber wir sollten ihn annehmen, anstatt uns ihm zu widersetzen. Die nicht-einheimische Gemeinschaft Berlins ist weit davon entfernt, eine homogene Masse zu sein, da ein breites Spektrum an nationalen, kulturellen, sprachlichen und religiösen Hintergründen vertreten ist.

Allerdings gibt es einen gewissen politischen Widerstand gegen die Ausweitung der politischen Rechte.

Zu den Zielen der "Wahlheymat" gehört das Recht auf Teilnahme an Landtagswahlen für alle dauerhaft ansässigen Personen, unabhängig von ihrem Herkunftsland. Dies stand bereits auf der politischen Agenda des Berliner Senats, aber laut Deana Mrkaja, einer weiteren Mitbegründerin von "Wahlheymat", ist das Vorhaben ins Stocken geraten, weil es für die amtierende CDU kaum einen politischen Anreiz gibt, einer Bevölkerungsgruppe, die ihr wahrscheinlich nicht ihre Stimme geben wird, das Wahlrecht zu geben.

Berlins eklektische Bewohner für kreative Lösungen anzapfen

Ivan betont den Reichtum der Vielfalt Berlins. In einer Stadt, die Menschen aus allen Gesellschaftsschichten anzieht, muss man nicht lange suchen, um einen Experten zu finden, der alle Fragen beantworten kann, egal wie unbedeutend das Projekt ist. Aber der anhaltende Widerstand, Berlins Identität als eine untrennbar von der Migration geprägte Stadt anzunehmen, bedeutet, dass ein Großteil dieses Potenzials ungenutzt bleibt. Nach Ansicht von Ivan sollten wir Berlins eklektische und lebendige Mischung von Einwohnern für kreative Ideen nutzen.

Berlin hat schwierige Jahre vor sich und wird mutige Lösungen brauchen, um die ausufernden Probleme der Stadt anzugehen. Die Talente von Neuankömmlingen und Einheimischen gleichermaßen zu nutzen, wird uns helfen, den Sturm gemeinsam zu überstehen.

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