Wahrscheinlich hast du schon einmal von der Europäischen Kommission gehört. Sei es, weil sie neue Verordnungen vorgeschlagen hat, weil sie auf eine Krise oder ein anderes Ereignis reagiert hat oder weil europaskeptische nationale Regierungen sie als Feindbild benutzen - die Kommission ist oft in den Nachrichten. Aber welche Befugnisse hat sie tatsächlich und wie arbeitet sie genau?
Was ist die Europäische Kommission?
Die Europäische Kommission ist das Exekutivorgan der Europäischen Union - sie setzt EU-Gesetze durch, schlägt neue Gesetze vor und bestimmt über Richtlienien und den EU-Haushalt. An ihrer Spitze steht eine Präsidentin oder ein Präsident, derzeit die deutsche Politikerin Ursula von der Leyen, welche/r 27 Kommissionsmitgliedern vorsitzt, eines aus jedem Mitgliedsstaat. Diese Mitglieder heißen auch "Kommissarinnen und Kommissare" und haben bestimmte Ressorts. Es handelt sich also im Wesentlichen um ein typisches Exekutivkabinett, das von einer Präsidentin oder einem Präsidenten geleitet wird, die oder der von Ministern unterstützt wird.
Die Kommissarinnen und Kommissare bilden das Kommissionskollegium, das sich aus der Präsidentin der Europäischen Kommission, acht Vizepräsidenten, darunter drei Exekutiv-Vizepräsidenten, und dem Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik zusammensetzt. Die übrigen 18 Kommissarinnen und Kommissare sind jeweils für ein Ressort zuständig.
Die Kommission ist in Abteilungen unterteilt, die sogenannten Generaldirektionen (GDs), die sich auf bestimmte Themen konzentrieren, wie die GD für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung und die GD für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit. Jede dieser Abteilungen wird von einem/einer der Kommissar/innen geleitet - das ist dann das oben erwähnte "Ressort", für das sie zuständig sind. Und obwohl jeder Mitgliedstaat eine Kommissarin oder einen Kommissar stellt, sind diese durch ihren Amtseid verpflichtet, die Interessen der EU als Ganzes über die ihres eigenen Mitgliedstaates zu stellen.
Die Geschichte der Europäischen Kommission
Die Ursprünge der Europäischen Kommission reichen bis in die Anfänge der modernen Bestrebungen zur europäischen Integration in den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg zurück. Die neue Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (oft auch Montanunion genannt), der Vorläufer der Europäischen Union, wurde ab 1951 von der sogenannten "Hohen Behörde" geleitet. Diese Hohe Behörde war ein unabhängiges Exekutivorgan, dessen Macht von einer Gemeinsamen Versammlung kontrolliert wurde.
1958 wurden zwei weitere europäische "Gemeinschaften" gegründet: die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft und die Europäische Atomgemeinschaft (EAG oder heute Euratom). Diese beiden Gemeinschaften wurden nicht von ihren eigenen Versionen der Hohen Behörde geleitet, sondern von "Kommissionen", um die Vorbehalte der europäischen Länder gegen die wachsende Macht der Hohen Behörde zu beschwichtigen (der Name trug sicherlich nicht dazu bei, ihre Bedenken zu zerstreuen).
Diese drei Organe - die Hohe Behörde und die beiden Kommissionen, die zusammen die Europäischen Exekutivorgane bildeten - übten bis 1967 die Exekutivgewalt über die ihnen zugewiesenen Gemeinschaften aus. Am 1. Juli desselben Jahres fusionierten diese drei Organe zur Kommission der Europäischen Gemeinschaften - eben der Europäischen Kommission. Die neue Europäische Kommission war mit der Exekutivgewalt über alle europäischen Gemeinschaften ausgestattet, bis diese im Rahmen des Vertrags über die Europäische Union, mit dem 1993 die moderne EU gegründet wurde, zusammengelegt wurden.
Welche Funktionen hat die Europäische Kommisson? Wie viel Macht hat sie?
Die Europäische Kommission hat eine Reihe von Aufgaben. Als Exekutive der EU besteht ihre Hauptaufgabe darin, das EU-Recht durchzusetzen. Sie vertritt die EU aber auch auf internationaler Ebene und ist für die Verwaltung des Haushalts der Union zuständig. Die wichtigsten Aufgaben der Kommission sind:
- Gesetzgebung: Die Kommission initiiert neue Gesetze und macht Vorschläge für Gesetze, die dann an das Europäische Parlament und den Rat der Europäischen Union, die beiden wichtigsten gesetzgebenden Organe der EU, weitergeleitet werden.
- Durchsetzung von EU-Recht: Die Kommission kann gegen Mitgliedsstaaten, Unternehmen oder andere Akteure vorgehen, wenn sich diese nicht an das EU-Recht halten. Der Europäische Gerichtshof kann über Klagen gegen die Rechtsdurchsetzung durch die Kommission urteilen.
- Politik: Die Kommission verwaltet die interne Politik der Gemeinschaft, entwirft die jährlichen Haushaltspläne und prüft, wie die EU-Gelder ausgegeben werden.
- Repräsentation: Die Kommission vertritt die EU bei Verhandlungen mit anderen Ländern oder supranationalen Organisationen wie der NATO oder den Vereinten Nationen.
Da die Europäische Kommission die alleinige Exekutivgewalt, die alleinige Zuständigkeit für die Ausarbeitung und den Vorschlag neuer europäischer Gesetze und die Kontrolle über den Haushalt hat, verfügt sie offensichtlich über immense Macht. Nichtsdestotrotz muss der/die Präsident/in der Europäischen Kommission vom Rat ernannt und vom Parlament bestätigt werden, und diese beiden Organe haben die oberste Gesetzgebungsbefugnis, daher gibt es eine solide Kontrollinstanz, die für Ausgewogenheit sorgt.
Wie arbeitet die Europäische Kommission?
Die Kommissionspräsidentin legt die politische Richtung der Kommission fest und arbeitet mit den Kommissarinnen und Kommissaren zusammen, um strategische Ziele zu bestimmen und das jährliche Arbeitsprogramm zu erstellen.
Welche Aufgaben haben Vizepräsidentinnen und Vizepräsidenten
Die Vizepräsidentinnen und Vizepräsidenten handeln im Namen der Präsidentin und koordinieren die Arbeit der Kommission. Sie legen vorrangige Projekte fest, um sicherzustellen, dass die Kommissionsmitglieder eng und flexibel zusammenarbeiten.
Wer sind die Kommissarinnen und Kommissare? Was machen sie?
Alle 27 Kommissar/innen haben eine gleichberechtigte Stimme im Entscheidungsprozess, obwohl sie keine individuellen Entscheidungsbefugnisse haben, es sei denn sie wurden ausnahmsweise dazu ermächtigt. Die Kommissar/innen unterstützen die Vizepräsident/innen bei der Unterbreitung von Vorschlägen an das Kollegium der Kommissionsmitglieder. Meistens werden Entscheidungen im Konsens getroffen, aber manchmal gibt es auch Abstimmungen mit einfacher Mehrheit, bei denen jedes Kommissionsmitglied eine Stimme hat. Die zuständige Generaldirektion - die jeweils von einem Generaldirektor bzw. einer Generaldirektorin geleitet wird, welche dem zuständigen Kommissar bzw. der zuständigen Kommissarin unterstellt ist - greift dann das Thema auf, über das entschieden wurde. Diese Generaldirektion ist es auch, die im Normalfall einen Entwurf für einen Gesetzesvorschlag ausarbeitet, der dann allen Kommissar/innen auf ihrer wöchentlichen Sitzung zur Annahme vorgelegt wird. Einmal angenommen, wird er zu einem offiziellen Gesetzgebungsvorschlag und an den Rat und das Parlament weitergeleitet, die dann das Gesetzgebungsverfahren übernehmen.
Wer leitet die Europäische Kommission?
Die Europäische Kommission wird von einer Präsidentin oder einem Präsidenten geleitet, derzeit Ursula von der Leyen aus Deutschland. Die Kommissionspräsident/innen werden vom Europäischen Rat (den 27 Staats- und Regierungschefs) vorgeschlagen und vom Europäischen Parlament für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt. Die vom Rat nominierten Präsidentschaftskandidaten sind oft führende nationale Politiker, obwohl dies keine Voraussetzung ist. [subscribe title={Interessiert daran, mehr darüber zu erfahren, wie die EU funktioniert? Melde dich an!}]
Die Präsidentin (oder der Präsident) wird natürlich vom Kollegium der Kommissar/innen unterstützt. Sie werden auf Grundlage von Vorschlägen der nationalen Regierungen ernannt und sind oft selbst erfahrene nationale oder sogar EU-Politiker, was anhand der aktuellen Liste der Kommissar/innen gut zu erkennen ist.
Warum spielt die Europäische Kommission so eine wichtige Rolle in der EU?
Als Exekutivorgan gestaltet die Europäische Kommission die Gesamtstrategie der EU mit, sie schlägt neue Gesetze vor, überwacht deren Umsetzung und verwaltet den Haushalt der Union. Außerdem hat sie die Aufgabe, die Union international zu vertreten. Angesichts all dieser Zuständigkeiten ist klar, dass die Kommission vielleicht das erkennbarste Element der Europäischen Union ist. Sie ist seit Jahrzehnten die treibende Kraft für die europäische Integration und den politischen Zusammenhalt und wird daher von vielen als das wichtigste und mächtigste Organ der EU angesehen.
Weitere Lektüre:
What is Crisis Response Mechanism and How Does it Work?
Checkliste Freiheitsrechte: unsere Advocacy-Prioritäten für die tschechische EU-Ratspräsidentschaft
Vorbehalte der EU-Kommission gegen Irlands geplante Wahlrechtsreform