Technologie & Rechte

Kein Platz für Menschenrechte in der Festung Europa

Ungarns neue Anti-Migrations-Gesetze sind Teil einer größeren Strategie von Premierminister Orbán, er möchte sich als Retter Europas Inszenieren und pfeift dabei auf Menschenrechte und Verfassungsgrundsätze.

by Peter Sarosi

Falls noch jemand Zweifel daran hat, dass die Ereignisse dieser Woche an Ungarns Grenzen genau nach Premierminister Orbans Drehbuch verliefen, dann sollte es genügen, das Ergebnis zu betrachten: endlich kann er seinem Land und der Welt zeigen, dass es sich bei den Geflüchteten um Aggressive Monster handelt, die Europa angreifen. Diese Strategie ist so alt wie die menschliche Zivilisation selbst: behandle eine Minderheit wie Dreck und es wird nicht lange dauern bis sie sich wehren und dann lässt sich in den Augen der Öffentlichkeit alles legitimieren, was man gegen sie unternimmt.

Orban kann endlich in die Rolle des Schildes von Europa schlüpfen, die er so liebt: Eindringlinge auf der einen Seite, Verteidiger auf der anderen. Es könnte ihm auch gelingen, die in der ungarischen Gesellschaft wachsende Solidarität zu brechen, eine Empfindung, die seine Version der Realität in Frage stellt, den "Kampf der Zivilisationen". Jetzt, da Flüchtlinge ausgesperrt sind, gibt es fast keine Möglichkeit mehr für Menschen aus Ungarn ihnen zu begegnen und zu helfen. Orbán kann die öffentliche Wahrnehmung der Flüchtlinge kontrollieren, so wird es viel einfacher sie zu entmenschlichen und den Menschen einzureden, dass diese "Eindringlinge" der Staatsfeind Nr. 1 sind.

Eine Zwickmühle

Die Regierung behauptet, sie würde "echten" Flüchtlingen erlauben, die EU legal zu betreten. Das ist eine zynische Lüge. Es gibt einige Einreisestellen, das ist wahr, aber dort wurden täglich weniger als einhundert Fälle bearbeitet. Beamte entschieden innerhalb weniger Minuten über das Schicksal eines Menschen und das Urteil war fast immer das gleiche: Ablehnung des Asylantrags, Abschiebung nach Serbien und ein einjähriges Einreiseverbot für den Schengen-Raum.

Die Regierung erklärte Serbien zu einem sicheren Drittstaat, aber das trifft nicht zu. Serbien hat bisher noch niemandem einen Flüchtlingsstatus zuerkannt, ganz einfach weil es über kein Asylsystem verfügt und Asylanträge unmittelbar ablehnt. Völlig absurd ist die Tatsache, dass die Flüchtlinge zwar in der ungarischen Stadt Szeged gegen die Ablehnung ihres Asylantrags Berufung einlegen können, dass es ihnen aber verboten ist, dorthin zu gehen. Zwickmühle.

Beschleunigte Justiz

Wer versucht den Zaun zu durchbrechen und illegal nach Ungarn einzureisen, wird verhaftet und für ein neu eingeführtes Verbrechen verfolgt: Illegaler Grenzübertritt.Ein "Verbrechen" dass jetzt mit bis zu fünf Jahren Gefängnis bestraft werden kann. Die Regierung hat 130 Richter und Justizbeamte nach Szeged im Süden des Landes verlegt, um die diese Kriminalfälle in beschleunigten Verfahren abzuarbeiten.

Indem Flüchtlinge für illegalen Grenzübertritt bestraft werden bevor eine Entscheidung über ihren Asylantrag gefällt wurde, verletzt der ungarische Staat Artikel 31 der Genfer Flüchtlingskonvention (eigentlich „Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge“) von 1951. Hinzu kommt, dass auch die aktuellen Änderungen des Strafrechts eindeutig Verfassungswidrig sind. Den Angeklagten wird das Recht auf einen fairen Prozess verweigert, also müssen Richter und Staatsanwälte sich weigern die Gesetzesänderungen durchzusetzen.

Leider tun sie das nicht. Gestern wurde der erste Angeklagte nach einem Verfahren von 80 Minuten zu umgehender Abschiebung verurteilt. Der Mann kam aus dem Irak, wo er bereits seinen Bruder durch denKrieg verloren hat und es ist sehr wahrscheinlich, dass sein Leben in Gefahr ist wenn er zurückkehrt. Jetzt ist er ein verurteilter Krimineller, der die EU ein Jahr lang nicht mehr betreten darf und er muss 66 USD Verfahrenskosten bezahlen. Er hat keine Chance Asyl zu erhalten. Wenn er noch einmal versucht Ungarn zu betreten, wird er ins Gefängnis gesperrt.

Verteidige die Menschenrechte

In einer Rede die er vor einer Woche vor seinen Anhängern hielt, erklärte Orban, dass diese Flüchtlingskrise dass "Ende des Zeitalters des Liberalen Blödsinns" bedeute, gemeint ist der Respekt vor Menschenrechten und Verfassungsgrundsätzen. Die Frage ist jetzt, ob ihm eine Mehrheit der Europäer zustimmt und die Grundprinzipien der europäischen Union ablehnt, oder aber diesen Albtraum jetzt und hier stoppt.

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