Führende Menschenrechts- und Verbraucherschutzorganisationen drängen die USA und die EU in einem gemeinsam verfassten Brief, das Grundrecht auf Privatsphäre zu schützen.
Die EU-Kommissarin für Justiz, Verbraucherschutz und Gleichstellung, Věra Jourová reiste kürzlich nach Washington, um Möglichkeiten, die überholte Safe Harbor Vereinbarung für sicheren Datentransfer zu ersetzen, zu erörtern.Neben den Verhandlungen mit offiziellen US-Vertretern, insbesondere mit Handelsministerin Penny Pritzker, nahm sich Frau Jourová am 13. November 2015 auch die Zeit, sich in den USA mit zivilgesellschaftlichen Gruppen zu treffen.
Notwendiger Schutz
Bei dieser Gelegenheit warnten die Gruppen, dass ohne signifikante Änderungen der Rechtslage und der internationalen Verpflichtungen in den USA ein "Safe Harbor 2.0" beinahe zwangsläufig scheitern müsse.Die NGOs schlugen der EU und den USA 13 Entwürfe vor (sechs für die EU, sechs für die USA und einer für beide), die nach dem Urteil notwendig sind.
Es sei entscheidend, die Allgemeine Datenschutzreform (GDPR) bis Ende 2015 abzuschließen. Außerdem müsse die EU ihr Niveau des Datenschutzes und des Schutzes der Privatsphäre beibehalten oder sogar erhöhen. Die EU sollte der Empfehlung der Arbeitsgruppe zum Artikel 29 folgen und sicherstellen, dass "Kein Teil der GDPR den Schutz einschränkt oder die individuellen Freiheitsrechte innerhalb der EU schmälert" und dass die "Harmonisierung eines hohen Schutzniveaus das Ziel bleibt".Währenddessen unterstützt EPC den Europäischen Ansatz, nach dem "das Ziel des Schutzes persönlicher Daten erreicht werden sollte, ohne dabei die Innovation zu behindern".
Rechtsbehelf für alle
Neben anderen Anforderungen haben die NGO Vertreter einen umfassenden Datenschutzrahmen in den USA gefordert, zu dem auch die Einrichtung einer unabhängigen Datenschutzagentur und die Modernisierung des Datenschutzgesetzes von 1974 gehört, um tatsächliche Rechtssicherheit für alle Menschen(einschließlich Personen die keine US-Bürger sind!), deren Daten von einer US-Bundesbehörde gespeichert werden, bereitzustellen.
Zusätzlich sollten sich die EU und die USA für eine starke Verschlüsselung einsetzen und alle Gesetze oder Regelungen, die gegen die Sicherheit von Verbrauchern oder Internetnutzern gerichtet sind, zurückweisen. Beide Seiten sollten die Massenüberwachung von Menschen beenden und die EU muss sicherstellen, dass grundlegende Menschenrechte, wie das Recht auf Privatsphäre respektiert werden und zwar auch und gerade angesichts politischer Dringlichkeiten, die den falschen Eindruck suggerieren, dass intrusivere Überwachungsgesetze mehr Sicherheit brächten.
13 Entwürfe
Schließlich schlagen die Organisationen vor, dass die EU und die USA sich zu einem jährlichen Gipfel unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft verpflichten, um die Fortschritte hinsichtlich dieses Ziels zu bewerten.
Frau Jourová begrüßte die Kommentare der Zivilgesellschaftlichen Gruppen. Folgende Partner von Liberties.eu gehörten zu den Unterzeichnern: Belgian League of Human Rights, Bulgarian Helsinki Committee, Centre for Peace Studies (Kroatien), Hungarian Civil Liberties Union, Italian Coalition for Civil Liberties, und Liberty (GB).
Bei ihrer Rede im Brooking Institute am 18. November, kurz nach den Anschlägen in Paris sagte Kommissarin Jourová: "Diese brutalen Anschläge waren ein Angriff auf unsere Freiheit, unseren Lebensstil und unsere Werte der Toleranz und des friedlichen Zusammenlebens". Genau diese Werte werden wir verteidigen. Wir werden uns nicht von Angst leiten lassen und wir dürfen den Angreifern nicht erlauben, unser Leben zu verändern. Stattdessen werden wir entschlossen sein in unserer Antwort auf Terrorismus und Hass".
Die 13 Vorschläge für die EU und die USA, von denen wir glauben, dass sie nach dem Urteil notwendig sind:
- Die EU sollte vor Ende dieses Jahres eine effektive Allgemeine Datenschutzregelung verabschieden.
- Die EU sollte eine überarbeitete Direktive zum Datenschutz im Kontext der Arbeit der Sicherheitsorgane verabschieden, mit dem Ziel mehr Nachvollziehbarkeit und Transparenz der Polizeiarbeit und mehr Rechte für den Einzelnen zu erreichen.
- Die EU sollte die Massenüberwachung durch Mitgliedsstaaten beenden.
- Die EU sollte das Swift Abkommen und das PNR Abkommen aussetzen und mit der Schaffung einer Charta der digitalen Rechte den Empfehlungen des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres des Europäischen Parlaments folgen.
- Die EU sollte das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Voratsdatenspeicherung (Digital Rights Ireland) durchsetzen und verhindern, dass Mitgliedsstaaten Gesetze verabschieden, die das Grundrecht auf Privatsphäre und Datenschutz verletzen.
- Die EU sollte eine effektive Durchsetzung ihrer Datenschutzgesetze gegenüber Unternehmen mit Sitz in den USA und Nutzern in Europa durchsetzen
- Die USA sollten, basierend auf der Consumer Privacy Bill of Rights einen umfassenden rechtlichen Rahmen zum Datenschutz verabschieden, der über ausreichende Werkzeuge zur Regulierung und zur Durchsetzung verfügt.
- Die USA sollten eine unabhängige Datenschutzbehörde schaffen.
- Die USA sollten die Massenüberwachung von Ausländern nach Sektion 702 des Patriot Act einstellen.
- Die USA sollten den Privacy Act von 1974 überarbeiten, um Personen, deren Daten von einer US-Bundesbehörde gespeichert wurden, eine sinnvolle rechtliche Handhabe zu geben.
- Die USA sollten die Resolution 108 (Privatsphäre) des Europarats ratifizieren.
- Die USA sollten sich für eine sichere Verschlüsselung einsetzen und alle Gesetze oder Initiativen, die die Sicherheit von Verbrauchern und Internetnutzern einschränken, zurückweisen.
- Die EU und die USA sollten sich zu einem jährlichen Gipfel unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft verpflichten, um die Fortschritte hinsichtlich dieses Ziels zu bewerten.