Das Berufungsgericht in Amsterdam sprach am 1. Februar ein Urteil im Fall eines Galeristen, der Adolf Hitlers Mein Kampf in seiner Galerie verkauft hatte.
Der Fall begann mit einer Anzeige der Federatief Joods Nederland (Verband jüdische Niederlande) gegen den Galeristen am 27. Oktober 2013 wegen des Verkaufs des Buches Mein Kampf.
Historisches Objekt
Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft machte sich der Galerist der Verteilung und Lagerung von eines Objektes schuldig, das Aussagen enthält, die als Beleidigung einer Gruppe von Menschen und Anstiftung zu Hass und Diskriminierung von Juden auf Grund ihrer Rasse und Religion angesehen werden können.
Am 21. November 2014 entschied das Landgericht Amsterdam, dass der Antiquariatsbesitzer nicht bestraft werden kann, auch wenn der Akt des Verkaufs von Mein Kampf illegal ist, weil die Verurteilung des Galeristen gegen Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention verstoßen würde, der die Meinungsfreiheit sichert.
Das Bezirksgericht vertrat die Auffassung, das gesellschaftliche Entwicklungen, einschließlich der Tatsache, dass Mein Kampf nun einfach erworben werden kann, eine Verurteilung des Galeristen in einer demokratischen Gesellschaft unnötig machen, insbesondere auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass das Buch als historisches Objekt verkauft wurde. Die Staatsanwaltschaft legte gegen das Urteil Berufung ein.
Umsicht
Mit seinem Urteil vom 1. Februar, ging das Berufungsgericht Amsterdam sogar weiter als das Amtsgericht. Das Berufungsgericht entschied, dass auch der Akt des Verkaufs von Mein Kampf nicht strafbar sei und erklärte daher den Galerist von allen Anklagpunkten frei.
Im Interesse einer demokratischen Gesellschaft sei Umsicht beim Verbot von Meinungsäußerungen wichtig. Der Standard des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist auf einem sehr hohen Niveau fixiert. Auch unangenehme Meinungen und Überzeugungen, die schockierend, verletzend oder störend sein können, sollten in der Öffentlichkeit so weit wie möglich zulässig sein, so das Gericht.
Das Berufungsgericht stellte fest, dass Mein Kampf, im Zusammenhang mit Antisemitismus und dem Kampf dagegen, wenn man Inhalt und Wahrnehmung des Buches bedenkt, als eine der historischen Ressourcen eine Schlüsselrolle in der öffentlichen Debatte spielt.
In diesem Fall gibt es kein zwingendes gesellschaftliches Bedürfnis den Galeristen für das Angebot des Buches Mein Kampf zu verurteilen. Er verkaufte es an Menschen, die an der historischen Ausgabe interessiert waren. Er ist weder Anhänger der Nazi-Ideologie, noch Propagandist davon. Außerdem ist Mein Kampf in Bibliotheken und im Internet frei verfügbar.
Die Staatsanwaltschaft hat angekündigt, eine Kassationsbeschwerde gegen das Urteil des Amsterdamer Berufungsgerichts einlegen zu wollen.