Das Bezirksgericht Vilnius entschied, dass ein Eigentümer von Gewerbeflächen, die sich in einem Wohnblock befanden, das Recht seiner Nachbarn auf Privatsphäre verletzte, indem er nicht weniger als acht Überwachungskameras ohne deren Zustimmung installierte.
Mit seiner Argumentation, er habe lediglich versucht, sein Eigentum zu schützen und die Kameras seien ausgeschaltet gewesen, vermochte der Eigentümer das Gericht nicht zui überzeugen.
Kann nicht nach Hause gehen, ohne gefilmt zu werden
Der Eigentümer, der schon länger im Clinch mit seinen Nachbarn steht, installierte drei Kameras an der Haupttreppe und fünf an der Außenseite des Gebäudes. Die Kameras überwachten beide Eingänge, den Bürgersteig, den Parkplatz und sogar den Eingang zu einer der Wohnungen, wodurch die Bewohner nicht in ihre Häuser eintreten konnten, ohne gefilmt zu werden.
Nach Ansicht des Gerichts hätten die Nachbarn (die in diesem Fall auch die Klägerinnen waren) deutlich gezeigt, dass sie nicht zugestimmt haben, gefilmt zu werden, sie beklagten sich sogar bei der Landesdatenaufsicht über die Situation. Gleichzeitig hatte der Beschwerdegegner die Videoüberwachung so eingerichtet, dass die anderen Bewohner keine andere Wahl hatten, als in den Überwachungsbereich einzutreten, wodurch sie nicht verhindern konnten, gegen ihren Willen gefilmt zu werden.
Das Privatleben der Nachbarn
Das Gericht stellte fest, dass dies nicht nur ihr Recht auf das eigene Bild verletzt, sondern auch ihr Recht auf Achtung des Privatlebens:
"Durch die Überwachung der Treppen- und Wohnungseingänge der Klägerinnen sammelt der Beschwerdegegner unweigerlich zusätzliche Informationen über das Privatleben der Kläger, die breiter sind als nur das Recht auf das eigene Bild: zu welchen Zeiten und wie oft die Kläger das Haus verlassen, wie lange sie zu Hause bleiben, welche Art von Menschen sie besuchen und wie oft sie Gäste empfangen, etc.".
Nachdem festgestellt wurde, dass ein Verstoß gegen das Recht der Kläger auf Privatleben besteht, ordnete das Gericht an, dass der Beschwerdegegner alle acht Kameras entfernt und verbot ihm außerdem für die Zukunft die Einrichtung von Kameras, ohne zuvor eine schriftliche Einwilligung aller Bewohner des Gebäudes erhalten zu haben.
Kein Respekt für Privatsphäre
Das Human Rights Monitoring Institute unterstützte die Klägerinnen.
Karolis Liutkevičius, der das HRMI vor Gericht vertrat, begrüßte die Entscheidung. Ihm zufolge ist das litauische Recht nicht sehr klar, was die Verwendung von Überwachungskameras durch Privatpersonen betrifft.
"Es gibt viele Fälle von Missbrauch, bei denen Kameras ohne Rücksicht auf die Wahrung der Privatsphäre der in der Nähe lebenden Personen verwendet werden. Daher freuen wir uns, dass das Gericht im Umgang mit diesem Thema im Einklang mit dem grundlegenden Menschenrecht auf Privatsphäre entschieden hat. Es hat damit die Grundlagen geschaffen, für den zukünftigen Umgang mit ähnlichen Situationen."