Migranten, asylsuchende Kinder und LGBTQIA+-Personen blieben auch im Jahr 2023 in der EU bedroht. Liberties' 2024 Rule of Law Report zeigt, dass der Schutz für diese Gruppen immer schwächer wird. In einigen Fällen sind sogar rückwärtsgewandte, schädliche Gesetze verabschiedet worden.
In seiner fünften Ausgabe fasst der jährliche Rechtsstaatlichkeitsbericht von Liberties die Beiträge unserer 37 Mitglieds- und Partnerorganisationen zusammen. Der umfangreiche Schattenbericht deckt sechs Themenbereiche ab und beleuchtet den Stand der Rechtsstaatlichkeit in 19 europäischen Ländern.
Die Menschenrechte sind eng mit der Rechtsstaatlichkeit verknüpft. Die für die rechtsstaatliche Struktur wesentlichen Systeme, wie unabhängige Gerichte, Menschenrechtsinstitutionen und die Zivilgesellschaft, sind gleichzeitig für den Schutz der Menschenrechte verantwortlich. Außerdem ist der Schutz der Menschenrechte gesetzlich verankert, unter anderem in der Europäischen Menschenrechtskonvention, im EU-Recht und im nationalen Recht. Trotzdem zeigt unser Rechtsstaatlichkeitsbericht 2024, dass die Achtung der Menschenrechte in ganz Europa immer weiter verfällt, vor allem gegenüber marginalisierten Gruppen.
Asylsuchende und Migranten leiden unter repressiven Grenzregimen
Aus den Berichten unserer Mitgliedsorganisationen geht hervor, dass sich Asylsuchende und Migranten, die regelmäßig systematischen Rechtsverletzungen ausgesetzt sind, weiterhin in einer prekären Lage befinden. In Mitgliedsstaaten wie Griechenland, Kroatien und Litauen wurden Asylsuchende und Migranten an den Grenzen illegal zurückgedrängt. Im Fall von Litauen wurden diese Zurückweisungen durch neue Gesetze legitimiert. In den Auffanglagern in den Grenzgebieten herrschten oft menschenunwürdige Bedingungen, die dazu dienen, Minderheiten unsichtbar zu machen. Sowohl die illegalen Pushbacks als auch die Grausamkeiten in den Auffanglagern werden durch eine lange Geschichte der erniedrigenden Behandlung von Asylbewerbern und Migranten normalisiert.
In Slowenien wurden Migranten und Asylsuchende an Behörden übergeben, die für ihre Gewalttätigkeit bekannt sind. In Lettland und Italien mussten wir mit ansehen, wie Nichtregierungsorganisationen, die Bedenken in Bezug auf die Verletzung der Rechte von Migranten zum Ausdruck bringen, die kalte Schulter gezeigt und ihre Arbeit zunehmend kriminalisiert wurde. Die Zivilgesellschaft spielt eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, dass Migranten, Flüchtlinge und Asylsuchende ihren rechtlichen Schutz in Anspruch nehmen können. Ohne ihren Einsatz wird sich an den systemischen Menschenrechtsverletzungen nichts ändern.
Rechte marginalisierter Kinder werden missachtet
Laut den Berichten unserer Mitglieder wurden auch die Menschenrechte von Kindern missachtet. Zu den Leidtragenden gehören gefährdete Kinder wie Flüchtlinge und Migranten, aber auch Kinder, die in Heimen untergebracht sind oder aus LGBTQIA+-Familien stammen. Besondere Sorgen bereiten uns die Kinder von Asylbewerbern. Zusätzlich zu dem Stress und dem Trauma ihrer persönlichen Lebensumstände wurden diese Kinder, darunter auch unbegleitete Minderjährige, regelwidrig inhaftiert. Es ist wahrscheinlich, dass einige unbegleitete Minderjährige, zum Beispiel in Slowenien, aufgrund mangelhafter Instrumente zur Altersbestimmung durch das Raster gefallen sind.
Alarmierende Trends zeigten sich auch bei den Freiheitsbeschränkungen für Kinder in Jugendbetreuung. In den Niederlanden wurden freiheitsbeschränkende Maßnahmen, die - insbesondere bei Kindern - nur als letztes Mittel eingesetzt werden sollten, ohne rechtliche Grundlage ergriffen. Diese Misshandlung von jungen Menschen, die aufgrund der mangelhaften Rechtsaufsicht bereits extremes Leid erfahren haben, ist höchst bedenklich. Kinder von LGBTQIA+ hatten Schwierigkeiten, notwendige Dokumente von den Behörden zu erhalten, weil die Regierungen es versäumt haben, die Gleichbehandlung gleichgeschlechtlicher Eltern aufrechtzuerhalten und der Diskriminierung entgegenzuwirken.
LGBTQIA+: Übergriffe und Untätigkeit bei Rechtsreformen
Die Rechte von LGBTQIA+ wurden durch direkte politische Angriffe und unzureichenden rechtlichen Schutz beeinträchtigt. In Italien waren LGBTQIA+-Personen Gegenstand politischer Propaganda und sahen sich mit Untätigkeit bei Gesetzesvorschlägen zur Verbesserung ihrer Rechte konfrontiert. In der Slowakei und in Litauen waren Politiker für die Verbreitung schädlicher Informationen über die LGBTQIA+-Gemeinschaft verantwortlich - eine gängige Taktik, um die Rechte und die Identität von LGBTQIA+ zu delegitimieren. In Lettland, der Slowakei und der Tschechischen Republik wurde zwar von einigen Fortschritten berichtet, aber der Enthusiasmus hielt sich in Grenzen, da die neuen Gesetze keinen zufriedenstellenden Rechtsschutz versprechen.
Ressourcen
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