Dieses Mal entzündete sich der Sturm der Entrüstung an der Intervention des Bürgerbeauftragten im Fall eines LGBT-Aktivisten, dem ein Drucker, der mit seinem Lebensstil nicht einverstanden war, seine Dienste verweigert hatte.
Dies ist bereits der zweite Aufruf, Dr. Adam Bodnar, der erst im September 2015 zum polnischen Beauftragten für Menschenrechte ernannt wurde, seines Amtes zu entheben. Neben der eskalierenden Kritik untergraben auch mehrere Entscheidungen und Verordnungen der Regierung die Position seines Amtes.
"Freezing-Effekt“
Kurz nach Beginn der neuen Legislaturperiode im Dezember 2015 wurde ein neues Gesetz erlassen, welches die Immunität des Bürgerbeauftragten signifikant einschränkt. Nach dem Anfang Juni 2016 in Kraft getretenen Gesetz kann der Justizminister, der gleichzeitig der Generalstaatsanwalt des Landes ist, die Immunität des Bürgerbeauftragten im Zusammenhang mit strafrechtlichen Ermittlungen aufheben.
Eine weitere Möglichkeit die Immunität des Bürgerbeauftragten im Rahmen des Gesetzes aufheben zu lassen besteht, wenn ein privater Kläger ein Verfahren gegen ihn anstrengt. Unter dem polnischen Strafrecht können private Ansprüche aus verschiedenen Gründen geltend gemacht werden, etwa bei Verleumdung.
Bereits während des Gesetzgebungsverfahrens hatte die Polnische Bar Association (Naczelna Rada Adwokacka, NRA) schwere Zweifel in Bezug auf die neuen Regelungen geäußert: "Ämtern wie dem des Kommissars für Menschenrechte [...] sollte aufgrund ihres verfassungsrechtlichen Status und ihrer festgelegten Pflicht zum Schutz der Rechte und Freiheiten der Menschen und Bürger, sowie aufgrund ihrer Aufsichtsfunktion gegenüber Legislative und Exekutive, eine breitere Immunität als es der Entwurf vorsieht gewährt werden. Die vorgeschlagenen Gesetze schränken die Freiheit der Ombudsperson im Bereich von dessen Expertise derart ein, dass dies zu einem „Freezing Effekt" für dessen Tätigkeiten führen kann".
Eine weitere kritische Stellungnahme kam von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).
Low-Budget
Ein weiterer Schritt zur Schwächung der Position des Kommissars für Menschenrechte war die von der öffentlichen Finanz-Kommission getroffene Entscheidung vom Januar 2016, dem Amt des Bürgerbeauftragten nicht den das angeforderte und sorgfältig begründete Budget zu gewähren.
Im Jahr 2015 betrug das Budget des Bürgerbeauftragten etwa 9,5 Mio. Euro (38 Mio. polnische Zloty). 2016 beantragte das Büro des Bürgerbeauftragten mit 11 Millionen Euro eine größere Summe.
Budgetkürzungen für Dr. Bodnars Büro drohen, dessen Fähigkeit zur Untersuchung von Menschenrechtsfragen zu schwächen. (Bild: Senat RP)
Das Geld hätte für die notwendige Renovierung der Zentrale und die Durchführung neuer Aktivitäten gereicht. Dazu zählen Besuche von Haftanstalten als Teil des nationalen Präventionsmechanismus, suw Kontrolle der Regeln der Gleichbehandlung, die Überwachung der Umsetzung des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen und die Überwachung von Fehlverhalten der Polizei und anderer Kräfte.
Doch nach der Annahme der Änderungen durch die parlamentarische Mehrheit wurde der Betrag von 2,5 Mio. EUR (10 Mio. Sloty) gekürzt - eine Reduktion von rund 20 Prozent.
Der Ombudsmann warnt: "Eine Reduzierung des Haushalts des Amtes im Jahr 2016 würde die Reichweite der Besuche von Haftanstalten einschränken – also in einem Bereich, der bereits jetzt von den internationalen Gremien negativ betrachtet wird"
Erste Aufforderung zur Amtsenthebung
Im April 2016 feierte die rechtsextreme, nationalistische Organisation ONR ihr 82. Jubiläum. In Bialystok, in Nord-Ost-Polen, fand ein Marsch statt, der mit einem Konzert neben einem Wohnheim, in dem polnische und internationale Studenten leben, endete. Der Internationale Austauschdienst der Bialystok University of Technology warnte ausländische Erasmus-Studenten vor den Teilnehmern und ihrer Feier und riet allen Studenten, an diesem Tag in ihren Räumen zu bleiben. Die rechtsextreme ONR fordert Dr. Bodnars Entlassung als nationaler Ombudsmann.
Der Bürgerbeauftragte nahm sich des Vorfalls an. Als Antwort gab ONR eine Erklärung mit der Behauptung ab, der Ombudsmann würde Bürger "bewusst in schlechter und besser" einteilen und zwar durch Anwendung rein ideologischer Kriterien.Laut ONR hätte Adam Bodnar seinen bei der Ernennung geleisteten Eid gebrochen, was ein Grund für seine Entlassung sei.