Was sind Grundrechte?
Mit dem Begriff “Grundrechte” sind eine Reihe von grundlegenden Freiheitsrechten gemeint, die eine Person gegenüber dem Staat besitzt. Sie bilden die Werteordnung eines jeden Landes und sind meist durch die Verfassung festgeschrieben. Diese Rechte sind:
- Unveräußerlich, das heißt, sie beziehen sich auf die eigene Person, man kann sie nicht an jemand anderen übertragen und damit auf sie verzichten.
- Dauerhaft, sie sind nicht zeitlich gebunden. Eine Person genießt ihre Grundrechte ein Leben lang.
- Einklagbar, wenn man das Gefühl hat, zu Unrecht in seinen Grundrechten eingeschränkt zu werden, so kann man vor Gericht ziehen. In Deutschland würde dies bedeuten, dass man erst durch die normalen gerichtlichen Instanzen geht, also Amtsgerichte oder Landesgerichte, und am Ende seine Rechte vor dem Bundesverfassungsgericht einklagen kann.
Grundrechte sind jedoch nicht grenzenlos. In vielen Fällen folgen Einschränkungen dem Leitsatz “Meine Freiheit hört auf, wo deine anfängt”. Wenn Freiheiten dazu führen, dass andere Personen verletzt werden oder die verfassungsgemäße Ordnung angegriffen wird, so werden ihnen Schranken gesetzt. Diese Grenzen können nur durch den parlamentarischen Gesetzgeber gezogen werden, eine Einschränkung muss also durch ein Gesetz begründet werden. Und je stärker in ein Grundrecht eingegriffen wird, desto besser muss dies durch den Text des Gesetzes begründet werden. In die Versammlungsfreiheit wird zum Beispiel insofern eingegriffen, dass Versammlungen im Freien ohne Anmeldung nicht erlaubt sind. Sie müssen vorher angemeldet werden, damit die öffentliche Sicherheit gewährleistet werden kann.
Was ist der Zweck von Grundrechten?
Grundrechte sind der Abwehrmechanismus, den wir alle gegenüber dem Staat haben. Sie schützen uns vor willkürlichen Übergriffen des Staates und seiner Behörden in unser Leben. Der Schutz von Grundrechten ist damit eine Grundvoraussetzung für das Funktionieren einer freiheitlichen Demokratie.
Welche Grundrecht gibt es in Deutschland? Was sagt das Grundgesetz dazu?
Die Artikel 1 bis 19 des Deutschen Grundgesetzes definieren die Grundrechte, die in Deutschland gelten. Dabei gibt es Rechte, die für alle Menschen gelten, die in Deutschland leben, und solche, die sich nur auf deutsche Staatsbürger beziehen. Sie lassen sich dadurch unterscheiden, dass sie im Grundgesetz entweder mit “Jeder hat das Recht…” oder “Alle Deutschen haben das Recht…” beginnen. Alle Artikel die sich auf Grundrechte beziehen, sind durch die sogenannte “Ewigkeitsklausel” (Art. 79 (3) GG) geschützt. Das bedeutet, dass sie im Gegensatz zu anderen Teilen des Grundgesetzes nicht geändert oder abgeschafft werden können.
Die Tatsache, dass die Grundrechte direkt in den ersten Artikeln des Grundgesetzes behandelt werden, ist kein Zufall. Sie stehen wortwörtlich über allen anderen Regelungen.
Grundrechte können einem Menschen nicht aberkannt werden. Unter bestimmten, extremen Umständen verliert man jedoch die Möglichkeit, sich auf sie zu berufen (Art. 18 GG). Das ist immer dann der Fall, wenn man aktiv gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung kämpft. Ein Verein kann also verboten werden, obwohl es die Vereinigungsfreiheit gibt, wenn er sich gegen die deutsche Demokratie richtet. In 2020 wurde der rechtsextremistische Verein “Nordadler” verboten. Der Verein bekannte sich zu Adolf Hitler und Judenfeindlichkeit, lehnte das Grundgesetz ab und forderte den Aufbau einer völkischen Diktatur.
1. Freiheitsrechte:
Freiheitsrechte beziehen sich hauptsächlich auf staatliches Unterlassen, also auf Dinge, die der Staat nicht darf. Ein Beispiel dafür ist die Meinungsfreiheit - die Voraussetzung für eine funktionierende Demokratie. Artikel 5 GG sichert das Recht darauf, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild zu äußern und sich aus allgemein zugänglichen Quellen zu informieren. Er legt außerdem die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung fest. Meinungsfreiheit bedeutet, in Deutschland gibt es keine Zensur.
Eingeschränkt ist dieses Grundrecht zum Beispiel, wenn es um den Jugendschutz geht oder um die “persönliche Ehre”. Letztes klingt vielleicht hochtrabend, meint aber, dass zum Beispiel Beleidigungen nicht durch die Meinungsfreiheit geschützt sind. Auch die Verbreitung von nachweislich unwahren Behauptungen ist in Deutschland nicht von der Meinungsfreiheit geschützt. So ist die Behauptung, es habe im Nationalsozialismus keine Judenverfolgung oder -vernichtung gegeben, in Deutschland als Holocaustleugnung eine Straftat.
Außerdem muss man die Meinungsfreiheit differenziert betrachten. Sie ist immer dann gewährleistet, wenn man seine Meinung äußern kann, auch wenn sie eine Kritik der Regierung ist, ohne befürchten zu müssen, dafür ins Gefängnis zu gehen oder Gewalt zu erfahren. Sie schützt also vor Bestrafung durch den Staat. Meinungsfreiheit heißt aber nicht, dass man frei von gesellschaftlichen Konsequenzen ist. Man kann zwar sagen, dass Ananas auf eine Pizza gehört, ohne dafür angeklagt werden zu können, man muss aber trotzdem damit rechnen, von Freunden schief angeschaut zu werden.
2. Gleichheitsrechte:
Gleichheitsgrundrechte gewähren einer Person die Gleichbehandlung vor dem Gesetz. Sie sind damit ein wesentliches Merkmal eines jeden Rechtsstaates. Im deutschen Grundgesetz sind sie in Artikel 3 verankert. Dieser zielt nicht nur darauf, dass zum Beispiel die Art und Weise wie ein Urteil vor Gericht getroffen wird, nichts mit dem Einkommen des Angeklagten zu tun hat.
Gleichheitsrechte beziehen sich auch auf die Gleichstellung zwischen Mann und Frau und geben dem Staat die Aufgabe, bestehende Nachteile zu beseitigen.
Außerdem schützt er vor Diskriminierung auf Grund von Geschlecht, Abstammung, Rasse und weiterer Merkmale. Der deutsche Staat und seine Behörden darf also niemanden anders behandeln, nur weil diese Person zum Beispiel in einem anderen Land geboren wurde.
Der Gleichheitsgrundsatz findet sich auch in anderen Teilen der demokratischen Ordnung wieder. Etwa im Wahlrecht, denn jede Stimme zählt gleich viel, ganz egal, von wem sie kommt.
3. Teilhaberechte:
Teilhaberechte geben einer Person die Möglichkeit, auf staatliches Handeln einzuwirken. Teilhabe ist im Grundgesetz zum Beispiel durch das Petitionsrecht gesichert (Art. 17 GG). Es sichert jedem zu, sich alleine oder als Teil einer Gruppe mit Bitten oder Beschwerden an zuständige Stellen oder an Volksvertreter zu wenden. Selbst wenn man seine Petition aus Versehen an die falsche Behörde schickt, so ist diese dazu verpflichtet, sie an die richtige Stelle weiterzuleiten. Behörden und Parlamente können sie dann nicht einfach ignorieren, sie müssen die Beschwerde oder Bitte in einer Sitzung bearbeiten. Der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages muss sich unabhängig davon, wie viele Unterschriften gesammelt wurden, mit dem Anliegen beschäftigen. Werden allerdings innerhalb der ersten vier Wochen mehr als 50.000 Stimmen gesammelt, so muss er sich mit der Petition einzeln (z.B. in einer öffentlichen Anhörung) beschäftigen. Der Person, die die Beschwerde eingebracht hat, muss dann das Ergebnis der Sitzung mitgeteilt werden.
Wieso sind Grundrechte so wichtig?
Die Einhaltung von Grundrechten ist ein wesentliches Merkmal einer jeden Demokratie. Während es für uns heute selbstverständlich ist, dass wir in einem Land leben, in dem es die Pressefreiheit und das Versammlungsrecht gibt, war dies nicht immer der Fall. Die Idee, dass es Rechte gibt, mit denen eine Person geboren wird, ist erst im Laufe eines langen historischen Prozesses entstanden.
Heute ist es für uns ziemlich selbstverständlich geworden, dass wir eine Reihe von Grundrechten genießen und wir glauben vielleicht sogar, dass sie in unserem Alltag keine allzu große Rolle spielen. Das ist jedoch nicht der Fall. Grundrechte begegnen uns jeden Tag. Sie beeinflussen unseren Alltag und unseren Umgang miteinander. Die Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG) zum Beispiel schützt uns vor wahllosen Durchsuchungen unserer Privaträume und damit unserer Privatsphäre. Kurz gesagt, Grundrechte machen unser Leben in Freiheit erst möglich.
In unserem täglichen Leben spüren wir ihre Existenz vielleicht nicht immer, ihre Abwesenheit würde uns dafür aber umso mehr auffallen.
Was verletzt Grundrechte?
Grundsätzlich wird ein Grundrecht dann verletzt, wenn ein staatlicher Eingriff in seinen Schutzbereich nicht gerechtfertigt ist, wenn es also keine Gesetzesgrundlage für diesen Eingriff gibt. Aber nur weil es eine Gesetzesgrundlage gibt, ist eine Einschränkung nicht automatisch legal. Das Gesetz selbst muss sich an die Verfassung halten.
Neben diesen direkten Eingriffen in die Rechte von Bürgerinnen und Bürgern gibt es aber auch eine weitere Form der Verletzung von Grundrechten, nämlich immer dann, wenn der Staat keinen Willen zeigt, bestehende Probleme zu lösen. Ein Beispiel hier ist die Pressefreiheit. In den letzten Jahren wird es in vielen Ländern der Europäischen Union, inklusive Deutschland, schwieriger für Journalistinnen und Journalisten geworden, ungestört ihrer Arbeit nachzugehen. Angriffe auf sie nehmen zu. Wenn sich eine Regierung dazu entscheidet, diese Probleme zu ignorieren, so wird dies am Ende dazu führen, dass Medien nicht mehr frei arbeiten und berichten können.
Was kann zum Schutz von Grundrechten getan werden?
Meist verlieren wir Grundrecht nicht über Nacht. Ihrer Verletzung geht häufig ein schleichender Prozess voran, bei dem Grenzen immer wieder überschritten werden. Deshalb ist es wichtig, wachsam zu bleiben und sich zu informieren. Was passiert gerade in meinem Land und wie kann eine politische Entscheidung mich in meinem täglichen Leben betreffen? Genauso wichtig ist es, wählen zu gehen und dadurch seiner Stimme Gehör zu verschaffen und die Zukunft des eigenen Landes aktiv mitzugestalten.
Aber auch zwischen den Wahlen können wir durch Demonstrationen, Petitionen, Briefen an Entscheidungsträger oder dem Gründen von Organisationen für unsere Rechte eintreten. Fatal wäre es, einem Eingriff in die Grundrechte gleichgültig gegenüber zu stehen.
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